Giftkrimi landet im Dopinglabor

Giftkrimi landet im Dopinglabor
Die Justiz bietet ihre Top-Experten auf, um den Tod zweier Männer aufzuklären. Eine Haarprobe kommt ins Dopinglabor.

Sitzt seit vergangener Woche eine neue El­friede Blauensteiner als "Schwarze Witwe" in U-Haft? Hat die 51-jährige Bogumila W. zwei ihrer Lebensgefährten vergiftet, um an Haus und Geld zu kommen?

Ein hochkarätiges Expertenteam geht im Auftrag der Kremser Staatsanwaltschaft dem Verdacht auf den Grund. Darunter der bekannte Gerichtsmediziner Prof. Christian Reiter, der nach 184 Jahren die Todesursache bei Beethoven herausgefunden hat (hohe Blei­konzentration in Medikamenten) , sowie der gefürchtete Doping-Prüfer Günter Gmeiner. Und man holt sogar den berühmten Chemiker Prof. Walter Vycudilik aus der Pension, der gemeinsam mit Reiter die dreifache Giftmörderin Elfriede Blauensteiner und die Mordschwestern von Lainz überführt hat.

Montagfrüh wurde zunächst die Leiche von Alois F. obduziert, der im Februar 2011 mit 61 Jahren völlig verwahrlost ins Spital eingeliefert worden und gestorben war. Seine letzte Ruhe wurde kurz nach 7 Uhr Früh gestört. "Wegen Baumschnitt bis ca. 9 Uhr gesperrt", stand auf einem orangen Schild am Eisentor des Schwechater Pfarrfriedhofs. Im Schutze einer hohen Steinmauer werkten aber keine Gärtner, sondern Beamte des Landeskriminalamtes Wien und Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung. Medien wurden ausgesperrt. Eine Angehörige wohnte dem schaurigen Ereignis bei. "So etwas", sagte ein Mann in Arbeitskluft, "hab’ ich noch nie gemacht." Binnen 20 Minuten waren die Überreste von F. ver­laden. Zurück blieb nur der einprägsame Geruch.

Während nun Prof. Reiter die Leiche von F. obduziert, wird im Forschungszentrum Seibersdorf eine dem Toten schon im Spital entnommene und eingefrorene Haarprobe analysiert. Der Leiter des Doping-Kontroll-Labors, Günter Gmeiner, soll herausfinden, ob F. mit Pflanzengift umgebracht wurde. Er kann auf das Know-how des Chemikers Walter Vycudilik zurückgreifen.

"Enorme Menge"

Giftkrimi landet im Dopinglabor

Am Mittwoch wird die Leiche von Herbert Ableidinger ex­humiert. Der 68-Jährige war laut Zeugenaussagen pumperlgesund wie Alois F., bis er Bogumila W. kennen­lernte. Auch er war verwahrlost ins Spital eingeliefert worden und gestorben. Bei ihm hat sich der Verdacht auf eine Schwermetallvergiftung durch eine erste Analyse bestätigt. Prof. Reiter sagt, man habe in einem nussgroßen Stück der Niere, das nach dem Tod des Mannes entnommen worden war, eine "enorme Menge" von Arsen gefunden. 50- bis 100-mal so viel, wie man normalerweise im Körper hat.

Ob es "gescheit war, die Frau W. deswegen gleich in U-Haft zu nehmen, müssen Juristen entscheiden", sagt Reiter zum KURIER. Als "kritischer Mensch" müsse er sich fragen, "ob die Probe vielleicht verunreinigt war". Daher müsse man die Leiche exhumieren, damit er eine "reine" Probe ohne Zwischenbehandlung bekommt. Die chemische Untersuchung dauert drei bis vier Wochen. "Wir sind nicht bei CSI Miami, aber wir sind ohnehin schnell. Bei Michael Jackson hat das zwei Monate gedauert." Herauskommen könne "eine Blauensteiner oder auch gar nichts".

Sollte sich der Arsen-Verdacht bei Ableidinger bestätigen, kann man aus Haarproben eingrenzen, wann ihm das Gift verabreicht wurde. Ob Arsen oder ein Pflanzengift: Reiter ist sich sicher, so gut wie alles zu finden, "außer vielleicht ein exotisches Schlangengift".

Bogumila W. "kann sich die Arsen-Werte nicht erklären", sagt ihr Anwalt Timo Gerersdorfer. Für den Juristen und seine Mandantin ist "die zweite Exhumierung die wichtigere". Denn hier liegt schon Belastendes auf dem Tisch, das Gerersdorfer aber nicht so einfach hinnehmen will. Er lässt bereits unter­suchen, woher die Arsen-Dosis noch stammen könnte. "Ich traue ihr das nicht zu." Sie sei auch keine Geliebte gewesen, wie es Verwandte beider Verstorbenen schildern, sondern deren Pflegerin. "Sonst hat sich niemand um die Herren gekümmert."

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