Flüchtlinge mit Softguns "gezielt" anvisiert

Flüchtlinge mit Softguns "gezielt" anvisiert
Softgun-Attentat hatte einen rassistischen Hintergrund. Es war kein Einzelfall.

Während die Politik in der Asylfrage derzeit zur Besonnenheit mahnt, herrscht Erschütterung über ein gezieltes Attentat auf Flüchtlinge. Eine Gruppe von Asylwerbern wurde in der Nacht auf Freitag wie berichtet in Wiener Neustadt aus einem fahrenden Auto mit Softgun-Maschinengewehren beschossen. Vier Täter im Alter zwischen 18 und 20 Jahren wurden festgenommen. Wie sie in den Einvernahmen zugaben, hatte die Tat rassistische Motive. "Sie haben gesagt, sich ganz gezielt Flüchtlinge als Opfer ausgesucht zu haben", erklärt Erich Habitzl von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt.

In einer Halle des Veranstaltungszentrums Arena Nova in Wiener Neustadt sind derzeit 250 männliche Asylwerber untergebracht. Eine Gruppe von zehn Männern war Donnerstagabend in der Nähe spazieren, als aus einem vorbeifahrenden, roten Kastenwagen das Feuer auf sie eröffnet wurde. Anschließend raste das Fahrzeug davon. Sieben Flüchtlinge erlitten Schwellungen und Hämatome und mussten im Krankenhaus behandelt werden.

Ausgeforscht

Da an der selben Stelle bereits in der Nacht zuvor auf einen jungen Mopedfahrer geschossen wurde, hatte die Polizei bereits wertvolle Hinweise zu dem Kastenwagen und einem möglichen Kennzeichen. Es gelang den Beamten, den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges auszuforschen. Dabei handelt es sich um den Großvater von einem der vier Verdächtigen. Sein Enkel, Martin T., hatte sich das Auto ausgeborgt, um damit mit seinen Freunden Jagd auf die Asylwerber zu machen. Die vier gaben gegenüber der Polizei an, dass sie die große Zahl an Flüchtlingen in Österreich massiv stört. Seit die 250 Flüchtlinge in Wiener Neustadt untergebracht sind, sei das Problem auch "vor ihre Haustüre" getragen worden.

Flüchtlinge mit Softguns "gezielt" anvisiert
Honorarfrei,Flüchtlinge,beschossen und verletzt, Wiener Neustadt

Die vier Verdächtigen sollen es bereits an anderen Orten auf mutmaßliche Asylwerber abgesehen haben – beispielsweise vor einem Asylheim in Neudörfl im Burgenland. "Ermittelt wird wegen schwerer Körperverletzung in verabredeter Verbindung von mindestens drei Personen. Wir haben wegen Tatbegehungsgefahr die Untersuchungshaft beantragt", so Habitzl. Das Strafmaß beträgt bis zu drei Jahre Haft.

Einer der vier Verdächtigen, Martin T., war auch Mitglied bei der Feuerwehr Wiener Neustadt. "Ich wurde von der Polizei von der Sache in Kenntnis gesetzt. Das Kommando hat Samstagvormittag sofort veranlasst, dass er aus der Feuerwehr ausgeschlossen wird", sagt Kommandant Josef Bugnar.

Die vier Verdächtigen sind am Samstag "gegen gelindere Mittel" enthaftet worden, verwies Birgit Borns, Sprecherin des Landesgerichts, auf Weisungen sowie die Bestellung eines Bewährungshelfers. Die Männer seien unter 21, also junge Erwachsene, alle vier hätten Arbeit. Sie seien geständig, reuig und zerknirscht, begründete Borns die Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft hatte U-Haft beantragt.

Traiskirchen

Aufgrund der aufgeheizten Stimmung im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung kommt es heute zu einem Polizei-Großeinsatz in Traiskirchen. Bei einer Demonstration vor dem Flüchtlingsheim wird ab 13 Uhr eine linksradikale "Profi-Truppe" erwartet, die gegen die Zustände protestiert.

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Der Verfassungsschutz erwartet in Traiskirchen trotz anderslautender Wetterprognosen einen extrem heißen Sonntag. Bei einer Demo gegen ein Demo-Verbot vor dem Flüchtlingsheim wird eine linksradikale "Profi-Truppe" erwartet.

Die Demo-Aufrufe und die Mobilisierung in sozialen Netzwerken und anderen Kanälen laufen nach dem gleichen Muster ab, wie vor den berüchtigten Auseinandersetzungen am Wiener Ballhausplatz beim rechten Akademikerball.

Anarchist

Es begann mit der Anmeldung einer Demo durch eine Initiative, hinter der ein bayrischer "Voralpen-Anarchist" steckt. Der hatte sich schon im Jahr 2013 einen zweifelhaften Namen gemacht, als es ihm mit einiger Mühe gelungen war, Asylwerber aus Traiskirchen zum Marsch auf Wien und zur Besetzung der Votivkirche zu überreden.

Die Bezirkshauptmannschaft Baden untersagte die Demo. Daraufhin meldete die ÖH der Universität Wien ebenfalls für Sonntag eine Demo gegen das Demo-Verbot an. Diese Demonstration wurde von der Bezirkshauptmannschaft nicht untersagt.

Hier treffen sich alte Bekannte: ÖH-Funktionäre und der bayerische Anarchist unterstützten einander schon bei der Besetzung der Votivkirche samt illegalen Zeltlager im Sigmund-Freud-Park, das als Ausgangspunkt für die WKR-Demo vorgesehen war.

In den sozialen Medien werden für die Aktion kommenden Sonntag in Traiskirchen die üblichen Töne angeschlagen: Es handle sich um eine "erneute Repression gegen antirassistische Proteste". Unterstützung kommt auch von Aktivisten aus dem Ausland – von Polen bis in den arabischen Raum – und von Gesinnungsgenossen, die vor Zeltlagern in Deutschland demonstrieren.

Gleichzeitig laufen Proteste in Wien gegen den angeblich ungeklärten Tod eines Afrikaners in U-Haft. Das gerichtsmedizinische Gutachten mit der Todesursache wurde aber schon vor Tagen veröffentlicht: Bei dem mutmaßlichen Drogenkurier war eine Kokainkugel im Darm geplatzt. Die Polizei stellt sich jedenfalls auf einen größeren Personalbedarf ein und konzentriert am Sonntag die Einsatzeinheit Niederösterreich und weitere Beamte in Traiskirchen.

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