Falsche Picassos, echte Schnäppchen

„Ein einzigartiger Fall“, sagt Innenminister Sobotka.
Eine sechsköpfige Tätergruppe wollte 80 Bilder um 72 Millionen Euro verkaufen. Doch beim ersten Verkauf in einem Flughafen-Hotel wartete schon die Cobra auf die Beschuldigten.

Es ist eine veritable Kunstsammlung, die das Bundeskriminalamt in seinem Festsaal präsentiert: Werke von Pablo Picasso reihen sich an die von Emil Nolde und Marc Chagall. Insgesamt 80 Bilder haben die Ermittler sichergestellt. Der Haken dabei: Es handelt sich um Fälschungen.

Eine internationale Tätergruppe wollte mit den Fälschungen Geld machen. Viel Geld. Laut Preisliste wurden die Bilder um insgesamt 72 Millionen Euro angeboten. Wobei: Im Vergleich zu echten Werken ist das ein absoluter Schnäppchenpreis. "Es wurden Kataloge mit den Werken in Umlauf gebracht. Speziell Araber wollte man als Käufer in Wien gewinnen", erklärt Omar Haijawi-Pichner vom Stadtpolizeikommando Schwechat. Doch bevor es zum ersten Verkauf kam, stellten die Ermittler den Tätern eine Falle: Sie gaben sich als Käufer aus und verabredeten als Treffpunkt ein Hotel am Flughafen Wien-Schwechat. Fünf Picassos sollten um rund zehn Millionen Euro den Besitzer wechseln. Doch Beamte der Spezialeinheit Cobra empfingen die Verkäufer und nahmen sie fest – es handelt sich um fünf Österreicher und einen Slowenen im Alter zwischen 46 und 64 Jahren. Einer gab sich zwar als Kunstexperte aus, eine einschlägige Ausbildung wies aber keiner der sechs auf. Sie gehen auch keiner Beschäftigung nach.

Falsche Picassos, echte Schnäppchen
Bundeskriminalamt Wien, Fälschungen von Gemälden, Kripo Schwechat, Fälscherring

Eine weitere Hausdurchsuchung wurde in Slowenien durchgeführt – dort wurden weitere Bilder beschlagnahmt. Unter anderem Fälschungen von Gustav Klimt, Claude Monet oder Wassily Kandinsky.

Wiederholungstäter

Es ist nicht das erste Mal, dass die Tätergruppe in Österreich in Erscheinung tritt – bereits im Jahr 2014 tauchten gefälschte Werke von Picasso in Wien auf. Damals verkauften sie die Fälscher im Hinterzimmer eines Wirtshauses. Zwei Männer wurden zu Haftstrafen verurteilt.

Der Kunsthändler Herbert Giese, der bereits in dem genannten Fall als Sachverständiger hinzugezogen wurde, stuft die Fälschungen der Bande im KURIER-Gespräch als "drittklassig" ein. Viele solcher Bilder seien von den 1950er- bis zu den 1970er-Jahren im damaligen Ostblock entstanden; weil sie nicht "hinaus" konnten, gab es einen eigenen schwarzen Markt dafür, sagt Giese.

Nun würde man eben versuchen, derlei Ware auch im Westen anzubringen. Die Schwelle von Auktionshäusern und dem seriösen Handel würden derlei Werke aber nicht überspringen – daher auch der Handel im Hinterzimmer. "Mit einem drittklassigen Fusel können sie auch keinen Spitzensommelier hineinlegen", sagt Giese.

Wobei: Ganz so einfach war die Enttarnung dann doch nicht. Denn: Es handelt sich nicht um Kopien tatsächlicher Werke, sondern um Bilder im Stil der Künstler – entsprechend stand auch kein Vergleichsmaterial zur Verfügung. "Es hat Wochen gedauert, bis wir wussten, ob die Bilder echt oder gefälscht sind", sagt Franz Lang, Direktor des Bundeskriminalamtes.

Waldheim-Stempel

Denn die eigentlichen Fälscher, die aus Serbien stammen dürften, haben sich durchaus Mühe gegeben: Sie verwendeten alte Leinwände, brachten Stempel von Galerien oder Vorbesitzern auf der Rückseite an – unter anderem einen Stempel des ehemaligen Bundespräsidenten Kurt Waldheim. Oder sie erstellten handschriftliche Expertisen. "Hier soll der Sohn von Pablo Picasso die Echtheit des Werkes bestätigt haben", deutet Anita Gach, Leiterin des Referats für Kulturgutfahndung im Bundeskriminalamt auf ein Werk. "Also mussten wir mit ihm Kontakt aufnehmen. Er hat uns bestätigt, dass er das nie verfasst hat."

Die Beschuldigten, die behaupten, es handle sich um Originale,wurden auf freiem Fuß angezeigt.

Für Innenminister Wolfgang Sobotka ist das ein "einzigartiger Fall". Der Kunstmarkt werde aber ein immer größeres Thema – auch bei Kriminellen. "Immer wieder tauchen Gegenstände aus Museen und aus Kriegsgebieten auf. Diese werden auch von Terroristen zur Finanzierung ihrer Ziele angeboten", sagte Sobotka.

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