Franken-Darlehen: Ein Kredit "auf Leben und Tod"

Gemeinde musste Versicherungsnehmer benennen (Symbolbild)
Gemeinde sichert Franken-Darlehen mit Lebensversicherungen ihrer Bürger ab.

Eine gern erzählte PR-Legende besagt, dass die führenden Top-Manager des US-Getränkeriesen Coca Cola nicht dasselbe Flugzeug nehmen dürfen. Zu groß sei die Gefahr, dass die beiden Schlüssel zum Safe, der die geheime Rezeptur beherbergt, bei einem Absturz verloren gehen.

Das führt uns nach Oberwaltersdorf. Auch dort sollen Gemeindebürger nicht miteinander in den Flieger dürfen. Statt Zuckerbrause geht es im vorliegenden Fall um ein brisantes Kreditgeschäft, das nun auch die Landespolitik beschäftigt.

Wie auch andere Gemeinden, hat Oberwaltersdorf in der Zeit vor der internationalen Finanzkrise ein Darlehen in Schweizer Franken aufgenommen, wie Bürgermeister Markus Gogollok bestätigt.

Allgemein gibt es bei endfälligen Krediten die Möglichkeit, während der Laufzeit nur die Zinsen zu zahlen und in der Zwischenzeit einen "Tilgungsträger" anzusparen. Das können Fonds, Aktiendepots oder Lebensversicherungen sein. Im besten Fall – so die vor dem Finanzcrash weit verbreitete Annahme – ist der Gewinn beim Tilgungsträger höher, als für das ausgeliehene Geld an Zinsen bezahlt werden muss. Dann ergebe sich bei der endfälligen Zahlung quasi ein Gewinn. In der jüngeren Vergangenheit machten aber zahlreiche Häuslbauer die bittere Erfahrung, dass es im internationalen Finanzgeschäft manchmal furchtbar anders kommt.

Zurück nach Oberwaltersdorf. Auch dort gibt es Tilgungsträger: Lebensversicherungen. "Das musste bei der gewählten Kreditvariante gemacht werden", sagt Gogollok zum KURIER. Er selbst war bei Abschluss des Geschäftes im Jahr 2006 noch nicht Bürgermeister.

Da eine Gemeinde aber keine natürliche Person sei, musste Oberwaltersdorf Versicherungsnehmer nennen. Nachdem sich diese ärztlichen Untersuchungen unterzogen hatten, wurden auf sie dann die Lebensversicherungen abgeschlossen, die Prämien bezahlt die Gemeinde.

"Oberwaltersdorf hat als versicherte Personen ehemalige Gemeindemandatare, aber auch einen Versicherungsmakler im Vertrag", sagt Helga Krismer, Klubchefin der Grünen im Landtag. "Angeblich mussten alle eine Ablebensrisikoklausel unterschreiben, damit sie nicht gemeinsam in ein Flugzeug steigen."

Anfrage

Krismer sieht in den Krediten "nichts anderes, als Finanzwetten mit öffentlichem Geld". Sie hat nun eine Anfrage an Finanzreferentin Johanna Mikl-Leitner eingebracht, um zu erfahren, wie viele solcher Gemeinde-Kreditfälle bekannt sind. Spekulative Geschäfte müssten sofort durch die Gemeindeordnung abgestellt werden. "Die Wetten auf Leben und Tod müssen ein Ende haben."

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