Bundeshauptstadt als Nahversorger

Bundeshauptstadt als Nahversorger
Strom, Gas, Wasser, Kanalisation oder Müll: Für viele NÖ-Gemeinden ist Wien als kommunaler Lieferant unverzichtbar.

Die Wiener Müllverbrennungsanlage (MVA) Spittelau mit dem markanten Hundertwasser-Design wird schon bald den Abfall von gut 30.000 Menschen mehr als bisher zu verheizen haben. Grund ist die angrenzende Stadtgemeinde Klosterneuburg, die ihren Rest- und Sperrmüll ab 2014 nicht mehr wie bisher zur Deponie nach Stockerau sondern nach Wien transportieren wird.

Für den zuständigen Stadtrat Karl Hava bringt die Vereinbarung mit Wien entscheidende Vorteile. So sind die Mülltransporte in die Bundeshauptstadt wesentlich kürzer und somit auch billiger und umweltfreundlicher als nach Stockerau. "Wir sparen nicht nur viele Kilometer, sondern auch die Autobahn-Maut ein", freut sich Hava.

Das wichtigste Argument ist allerdings der Preis: Bisher musste die Stadtgemeinde rund 158 Euro pro Tonne übernommenen Mülls zahlen; dieser Tarif wird auf rund 110 Euro pro Tonne sinken. "Es wird billiger", sagt Hava und verspricht, die Ersparnis an die Haushalte weiterzugeben: "Ich will niedrigere Müllgebühren oder mehr Leitung zum gleichen Preis, z. B. längere Öffnungszeiten am Recyclingplatz."

Klosterneuburg ist freilich nicht die einzige Kommune im Wiener Umland, die von der Bundeshauptstadt mitversorgt wird: Die Wienerwald-Gemeinden Gablitz, Mauerbach und Tullnerbach beziehen etwa Wiener Hochquellwasser.

Fast schon ein Wiener Bezirk ist die Wienerwaldstadt Purkersdorf – zumindest was die kommunale Versorgung betrifft: Ohne Wien würden hier sprichwörtlich die Lichter ausgehen. "Strom und Gas beziehen wir schon immer von Wien-Energie, bei anderen kommunalen Gütern hat Purkersdorf die Versorgung seit 1995 schrittweise umgestellt", sagt Bürgermeister Karl Schlögl. 1995 wurde mit dem damaligen Wiener Umweltstadtrat Michael Häupl vereinbart, dass Purkersdorf als erste NÖ-Gemeinde an die Wiener Hochquell-Wasserleitung angeschlossen wird.

Ende der 1990er-Jahre folgte ein Müll-Vertrag: Seither werden 90 Prozent des Purkersdorfer Restmülls in der Wiener MVA Flötzersteig verbrannt. Auch die örtliche Fernwärmeversorgung erfolgt durch ein Biomasse-Heizwerk von Energiecomfort, einer Tochter von Wien-Energie.

Seit 2002 fließt auch der Löwenanteil des Abwassers nach Wien – nur die Siedlungsgebiete am Westrand der Gemeinde werden in der lokalen Kläranlage Wienerwaldsee entsorgt. Die Kanal-Vereinbarung ist die einzige, mit der Ortschef Schlögl nicht zufrieden ist: "Wir zahlen für die Einleitung die selben Tarife wie Wiener Haushalte, müssen aber unser Kanalnetz selbst instandhalten."

Energie-Riese

Ein Big Player in Niederösterreich – vor allem im Industrieviertel – ist Wien-Energie: 78 NÖ-Gemeinden werden von den Wienern mit Strom versorgt, dazu sind 16 Kommunen ans Wiener Gasnetz angeschlossen. Wiener Strom beziehen übrigens auch sechs Gemeinden aus dem Ybbstal, wo Wienstrom in Opponitz ein Kraftwerk betreibt.

Zumindest indirekter Kunde von Wien-Energie ist übrigens auch der NÖ-Energieversorger EVN: Die Verwaltungszentrale in Maria Enzersdorf-Südstadt liegt mitten im Netzgebiet von Wien-Strom. Trotzdem gibt es keine Wiener Stromrechnung für die EVN. Das gesamte Südstadt-Areal wird in einem eigenen Sub-Netz von der EVN abgerechnet.

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