Bildung: Eine Familie im Schul-Niemandsland

Bildung: Eine Familie im Schul-Niemandsland
Bis zuletzt wusste eine Familie, die an einer Ländergrenze wohnt nicht, wo ihre Tochter in die Schule gehen wird.

Mama, in welche Schule darf ich denn gehen", will die neunjährige Lea wissen. Eine Frage, die ihre Mutter Katja Schmidjell nicht beantworten kann. Sie ist im Juli mit Lea und deren kleiner Schwester Anika, 4, von Salzburg zu ihrem Lebensgefährten gezogen und wusste bis zum vergangenen Wochenende nicht, ob und wo ihre Töchter ab heute die Volksschule bzw. den Kindergarten besuchen dürfen.

Die Familie wohnt in einem Forsthaus, hoch über der Burg Forchtenstein. Die kleine Siedlung liegt in Niederösterreich und gehört zur rund 15 km entfernten Gemeinde Lanzenkirchen im Bezirk Wiener Neustadt-Land. 60 Meter vom Wohnhaus beginnt das Burgenland; die einzige Zufahrt führt über Forchtenstein (Bezirk Mattersburg).

Seit Anfang August bemühen sich Katja Schmidjell und Lebensgefährte Robert Minopulos, die beiden Mädchen für die Volksschule (Lea kommt in die vierte Klasse) bzw. den Kindergarten (Anika) anzumelden - im nur drei Kilometer entfernten Forchtenstein, denn ein Schul- bzw. Kindergarten-Besuch in Lanzenkirchen würde für die Kinder täglich jeweils 45 Minuten An- und Heimfahrt samt mehrmaligem Umsteigen bedeuten.

Bürokratie

An diesem Punkt kommen die Feinheiten der Schulbürokratie zu tragen: Für den Besuch einer Schule außerhalb des für den Wohnort zuständigen Schulsprengels ist das Einverständnis der Schulen, beider Gemeinden und des zuständigen Bezirksschulrats notwendig. Zudem muss die Wohnsitz-Gemeinde an den Träger der besuchten Schule eine Schulumlage zahlen.

Lanzenkirchens Bürgermeister Bernhard Karnthaler hat Verständnis für die Situation: "Von mir aus soll das Mädchen ab Montag in Forchtenstein zur Schule gehen. Wir zahlen die Kopfquote, das ist kein Problem", sagt Karnthaler zum KURIER.
Auch die Leiterin der Volksschule Forchtenstein, sieht keine Probleme: "Wir haben Platz für die Schülerin, aber die Entscheidung liegt nicht bei mir."

Obwohl sich alle Beteiligten dafür aussprechen, dass Lea in Forchtenstein zur Schule geht, gab es bis zuletzt keine Bestätigung. Wenige Tage vor Schulbeginn schrieb Mutter Katja Schmidjell einen verzweifelten Brief an die zuständigen Behörden und Politiker. Die ersten Reaktionen waren entmutigend: Beamte der Gemeinden Lanzenkirchen und Forchtenstein riefen an und drängten Schmidjell, ihr Schreiben zurückzuziehen. "Nur dann können wir etwas für Sie tun."

Happy End

Einen Umschwung dürfte die Recherche des KURIER am Freitag gebracht haben. Für den zuständigen Nö-Bezirksschulinspektor Willibald Schabauer ist das Problem gelöst: "Alle sind einverstanden, Lea ist ab Montag Schülerin in Forchtenstein." Eine Entscheidung, von der Schulleiterin Gintzel Freitagmittag freilich noch nichts wusste.

Gintzels oberster Vorgesetzter, der burgenländische Landesschulratspräsident Gerhard Resch, kannte den Fall noch nicht, entschied aber sofort im Sinne der Schülerin: "Wenn es rechtlich möglich ist, habe ich kein Problem, wenn das Mädchen in Forchtenstein zur Schule geht. Ich möchte aber keine Vorwürfe hören, wir angeln nach NÖ-Schülern." Auch der NÖ-Landesschulratspräsident Hermann Helm stimmt zu: "Wenn die Gemeinde dem sprengelfremden Schulbesuch zustimmt, hat das Kind das Recht, diese Schule zu besuchen. Sie soll am Montag einfach hingehen."

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