Bestandsjubiläum ohne Jubel

Bestandsjubiläum ohne Jubel
Innerhalb der vergangenen 20 Jahre suchten 655 Frauen und 827 Kinder Zuflucht im Frauenhaus. Kein Grund zum Feiern.

Wir wollen dem Jubiläum einen Sinn geben. Feiern werden wir später." Am 11. November vor 20 Jahren wurde in Amstetten das Frauenhaus aufgesperrt. Mit einer großen Enquete, die die Gewalt an Frauen und Kindern durchleuchtet, wird deshalb morgen in der Pölz-Halle der "Geburtstag"begangen. Der Schock über den Fall Fritzl, aber auch tödliche Gewalttaten an Frauen im Mostviertel schweben über der Tagung.

Bestandsjubiläum ohne Jubel

An den 250 Anmeldungen für die Enquete interpretiert Frauenhaus-Sprecherin Maria Reichartzeder die Brisanz des Themas. Dass das Jubiläum im Programm der laufenden Kulturwochen Platz gefunden habe, freue sie sehr, meint Reichartzeder. Zum heurigen Generalthema "Amstettener Identitäten" passe die Situation der Opfer und Betreuerinnen gut.

Der Blick auf die aktuelle Situation des Frauenhauses verrät, dass die Institution auch nach 20 Jahren noch immer mehr als notwendig ist. Die acht Zimmer und die zwei Noträume im Haus seien voll belegt, berichten die Betreuerinnen. An die 20 Frauen und Kinder würden zu Spitzenzeiten hier Schutz und Hilfe finden. "Auffällig war in letzter Zeit, dass viele schwere Gewaltsituationen in den Familien vorkamen", erzählt die Teamchefin der sechs Teilzeitbetreuerinnen. Gemeinsam mit vier zusätzlichen "Nachtdiensthelferinnen" habe man alle Hände voll zu tun, versichert sie.

Bilanz

Nicht ohne Stolz wird das Team morgen dem Publikum eine beachtliche und bedrückende Bilanz vorlegen. 655 Frauen und 827 Kinder haben in den letzten zwei Jahrzehnten im Frauenhaus Zuflucht gefunden. Nicht weniger als 97.812 Nächtigungen wurden akribisch verbucht.

Genaue Statistiken und Bilanzen sind in der Institution überlebenswichtig. Müssen sie doch alljährlich den Förderbedarf dokumentieren. Das ist auch bei der Erstellung des Budgets für 2012 so, sagt Reichartzeder. Bei Landesrätin Barbara Schwarz habe man bereits um eine dringend nötige Indexanpassung angeklopft. "Es gab zuletzt keine Erhöhung der Subvention, die budgetäre Situation ist höchst angespannt", erzählt die Frontfrau. Sehr positiv entwickelt hat sich die gesellschaftliche Akzeptanz des Hauses im Vergleich zum Start. Reichartzeder: "Gemeinden, Firmen und Institutionen unterstützen uns weit besser als früher."

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