Baustopp am Semmering könnte Projekt weiter verteuern

Wie lange der Baustopp am Semmering dauert, ist unbekannt. Ministerin Bures hofft aber, die Verfahrensmängel rasch beheben zu können
Gegner fordern jetzt endgültiges Aus für das umstrittene Milliardenprojekt.

Nach dem überraschenden Baustopp für den Semmering-Basistunnel gehen die Meinungen darüber weit auseinander, wann und ob überhaupt die Arbeiten für den 27,3 Kilometer langen Tunnel wieder aufgenommen werden können. Fest steht: Jeder Tag an dem nicht gebaut wird, kostet die öffentliche Hand zusätzlich Geld.

Wie berichtet hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) am Montag die UVP-Genehmigung für den Basistunnel aufgehoben und einen sofortigen Baustopp am Semmering erwirkt. Die Tunnelgegner nehmen den Richterspruch zum Anlass, um ein generelles "Aus" für das 3,1 Milliarden Euro teure Projekt (Baukosten) zu fordern.

"Die verkehrspolitischen Parameter haben sich geändert. Der Verkehr über die Semmeringbahn ist stagnierend, ja sogar rückläufig. Es gibt keine Notwendigkeit für den Tunnel", erklärt Christian Schuhböck von der Landschaftsschutz-Organisation, Alliance for Nature (AfN). Schuhböck und die anderen Tunnelgegner spielen auf Zeit und gehen mit ihren Einsprüchen durch alle Instanzen – erfolgreich, wie sich nun gezeigt hat.

Zeitplan

Der Baustopp kann die Steuerzahler jedoch teuer zu stehen kommen. "Je später man mit dem Projekt fertig wird, desto teurer wird es", weiß der Projektleiter des Basistunnel, Gerhard Gobiet. Konkrete Summen nennt man nicht. Denn noch ist unklar, wie lange sich der Bau verzögert. "Beim Tunnelbaulos im Fröschnitzgraben werden wir den Schaden sicher gering halten können, weil wir dort mit den Arbeiten erst ganz am Anfang stehen", sagt Gobiet.

Dass im Zuge des UVP-Verfahrens ein Gutachter nicht gerichtlich beeidet war, sieht man bei den ÖBB als "leicht behebbaren Fehler". Auch das Verkehrministerium ist sich keiner Schuld bewusst, dennoch einen positiven UVP-Bescheid ausgestellt zu haben.

"Bei einem so umfangreichen Verfahren ist es nie auszuschließen, dass ein Höchstgericht in bestimmten Verfahrensfragen eine andere Rechtsansicht vertritt als die Behörde erster Instanz", heißt es aus dem Büro von Ministerin Doris Bures.

Auch Gobiet beschwichtigt: "Es gab eine Vielzahl an Beschwerden, von denen der VwGH nur drei anerkannt hat. Diese sind voraussichtlich schnell behebbar."

Christian Schuhböck ist Generalsekretär von "Alliance for Nature" (AfN) und kämpft gegen den Bahntunnel.

KURIER: Die AfN hat schon früh die Befangenheit von Gutachtern thematisiert. Wessen Fehler ist es, dass ein nicht beeideter Sachverständiger eingesetzt wurde?

Christian Schuhböck: Der Fehler liegt unserer Meinung nach bei den ÖBB bzw. beim beauftragten Ingenieurbüro. Denn nicht beeidete Sachverständige dürfen nicht herangezogen werden.

Sind die drei Beschwerdeinhalte, die der VwGH anerkennt hat, auszumerzen? Oder bringt dies das gesamte Projekt in Gefahr?

Diese Bagatellfehler können nun sehr wohl das gesamte Projekt kippen. Denn schließlich hatten wir im UVP-Verfahren bislang nur zwei Instanzen, das Ministerium und den VwGH, der nur formal zu prüfen hatte. Aufgrund der neuen Gesetzeslage ist nun eine weitere Instanz im Spiel – der Bundesverwaltungsgerichtshof. Dadurch verlängert sich der Verfahrensweg. Da wir vorhaben, den gesamten Instanzenweg zu beschreiten, bezweifle ich, dass die eigentlichen Bauarbeiten noch heuer in Angriff genommen werden.

Wieso sind Sie der Meinung, dass der Tunnel nicht gebaut werden sollte?

Das Projekt ist völlig überholt, die alte Semmeringbahn verfügt über ausreichend Kapazitäten. Der Wasserhaushalt der Region wird massiv beeinträchtigt. Bis zu 38 Millionen Liter Wasser täglich sollen abdrainagiert werden. Die Flusssysteme Mürz-Mur bzw. der Schwarza werden völlig aus der Bahn geworfen.

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