Apferl statt Abfall: Früchte sollen nicht im Mist landen

Rosa Fuxsteiner freut sich über die vielen Früchte der Streuobstwiesen.
Immer mehr Menschen verwandeln Früchte, die sonst ungenutzt blieben, in Spezialitäten.

Eine der größten österreichischen Obsternten seit Jahren landet heuer wegen Kapazitätsengpässen – zumindest teilweise – auf dem Kompost. So etwas lässt Rosa Fuxsteiner, 78, aus Tradigist im Bezirk St. Pölten, nur den Kopf schütteln. Seit sie vor 60 Jahren auf dem Hof ihres Mannes Josef geheiratet hat, ist die Verwertung von Obst Teil ihres Alltags. Da durfte nichts verkommen. Streuobstbäume und Dirndlsträucher (Gelber Hartriegel) werden hochgehalten im Betrieb.

Bei den Fuxsteiners ist es Tradition, alles Obst zu nutzen. „Wir haben Äpfel und Birnen oder Zwetschken aber auch im Dörrhaus getrocknet“, erinnert Rosa sich, jeder gefällte Obstbaum macht sie traurig.

Wertschätzung

Seit ihr Sohn allerdings Dirndlfrüchte und anderes Obst von Bauern aus der Umgebung zukauft, um Schnaps, Marmelade, Chutney und vieles mehr zu erzeugen, sind die meisten Streuobstbäume und Sträucher vor der Motorsäge sicher. Denn ihr Ertrag bringt den Besitzern mehr als nackte Wiesen.

Immer mehr – auch junge – Menschen erkennen inzwischen den Wert dieses Lebensmittelschatzes und entwickeln Ideen dazu:

„Ich pflücke Ihre Kirschen und veredle sie zu Aufstrichen, Gelees, Chutneys oder Schnaps. Sie müssen nicht mitansehen, wie Ihr Obst verfault, und erhalten einen kleinen Teil meiner Arbeit mit persönlichem Etikett als Kostprobe“, lautet das Angebot von Cornelia Diesenreiter aus Wien an Gartenbesitzer. Ihre Initiative „Unverschwendet“ stellt Marmeladen, Aufstriche, Chutneys oder Schnaps her.

In Zwettl im Waldviertel verarbeitet der Verein „Flotte Lotte“ seit 2015 überschüssiges Obst aus dem Handel. „In den letzten Jahren ist aber der Anteil von Obst aus Privatgärten kräftig angestiegen. Heuer gibt es so viel, dass wir Pflück- und Sammeltrupps bräuchten“, erklärt Obfrau Elisabeth Mittendorfer. Aus ihrer Sicht ist das Modell absolut ausbaufähig. „Vom Obst aus der Region könnten einige Leute leben“, ist Mittendorfer überzeugt.

Streuobst-Pioniere

Der Verein „Obst im Schneebergland“ leistet seit 2016 Pionierarbeit für den Erhalt der Streuobstkultur. Sein Ziel: 1000 neue Obstbäume, eine regionale Sortenmappe sowie ein Sammel- und Ernte-Netzwerk bis 2020. Bereits 500 Obstbäume wurden gepflanzt. In Maiersdorf, Bezirk Wiener Neustadt, wurde zudem ein Schaugarten angelegt, wo ab Frühjahr 2019 Führungen angeboten werden. An dem Verein beteiligt sind zahlreiche Gemeinden, Privatpersonen, Baumpfleger und Verarbeiter, darunter der Fruchtsaftproduzent Mohr-Sederl. Er informiert am 11. November anlässlich des internationalen Streuobsttages über die Situation.

Auf dem Wachauer Hausberg will man Kindern den Wert der Streuobstwiesen klar machen. Ein eigener Apfelsaft – hergestellt mit Äpfeln aus dem Naturpark Jauerling, geerntet von den Schülern selbst: Das ist Ziel des Schulprojektes „Saftladen“, das gemeinsam mit den sieben Volksschulen und der Neuen Mittelschule in Emmersdorf durchgeführt wird.

Der junge Familienbetrieb „Wildfrucht“ in Jaidhof im Waldviertel presst sortenreine Bio-Säfte aus Äpfeln. Die Herkunft der Früchte ist mittels QR-Code bis zum Garten nachvollziehbar. 170 alte Sorten sind auf den Streuobstwiesen dokumentiert, deren Ernte die Mayers verarbeiten. Dafür haben Christoph Mayer und seine Frau Anna eine moderne Pressanlage gebaut. Nun versorgen sie auch Spitzengastronomie. Oder pressen für anliefernde Gartenbesitzer.

Eines der erfolgreichsten Modelle ist die Organisation der Mostviertler „Mostbarone“. Sie hat viel zum verbesserten Image heimischer Produkte durch Qualitätssteigerung beigetragen.

Eine Plattform, die gerade die jungen Initiativen im Land verbindet ist zerowasteaustria.at .

Probleme

Rekordernten – wie heuer in fast ganz Europa – bringen aber auch Probleme. Die „World Apple Pear Association“ mit Sitz in Brüssel in Europa erwartet heuer 12,6 Millionen Tonnen Äpfel. Das lässt die Obstpreise in den Keller fallen. Für drei Cent pro Kilogramm bückt sich niemand nach Früchten.

Aber es gibt auch andere Widrigkeiten für regionales Obst auf dem Markt: ungenaue Herkunftsangaben. „Wer auf einer Packung liest, dass das Produkt in Österreich hergestellt oder abgefüllt wurde, muss damit rechnen, dass es sich um ausländische Ware handelt“, warnt Wolfgang Lukas von der Landwirtschaftskammer für Niederösterreich. Roswitha Sommer, Geschäftsführerin der Obstgemeinschaft Steiermark, meint, der Handel bekenne sich aus ihrer Sicht nicht wirklich zu Regionalität. „In der Hand hat es nur der Konsument.“

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