Alpen-Jumbo aus Brunn

Alpen-Jumbo aus Brunn
Österreichs vergessener Start zur Luftherrschaft - Eine Spurensuche.

Wissenschaft muss nicht zwangsläufig trocken sein.“ Das waren die ersten Worte von Robert Krickl, als er nach einem 25 Meter weiten Flug (samt beförderter Luftpost) nicht unelegant im Wasser landete. Gut, seine Bastel-Maschine war nur halb so groß wie das Original und beim „Red Bull Flugtag“ ging es auch bloß um die Hetz‘. Aber der Pilot feierte euphorisch die „Auferstehung“ des ersten rot-weiß-roten Großflugzeugs.

Alpen-Jumbo aus Brunn
„Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, die Luftfahrt-Pioniere in Niederösterreich nicht in Vergessenheit geraten zu lassen“ sagt Krickl. Seit der Mineraloge hörte, dass in seiner Heimatgemeinde Brunn am Gebirge eine Art Alpen-Jumbo konstruiert wurde, der 1924 von Aspern aus zum Jungfernflug startete, hat ihn das Historien-Fieber gepackt.

„Ich bin ein Jahr lang jeder Spur nachgejagt, die es noch gegeben hat. Vom Staatsarchiv bis zur Volksschul-Chronik.“ Letztere in Tiefenfucha (Bezirk Krems) etwa, wo ein aufregender Klassenausflug zu einer notgelandeten Maschine vermerkt wurde. Herausgekommen ist ein Buch („Das erste Großflugzeug made in Austria“/Verlag Brüder Hollinek, Purkersdorf), das kürzlich in St. Pölten präsentiert wurde.

Revolutionär

Was im digitalen Jet-Zeitalter „Dreamliner“ heißt, firmierte anno dazumal bei den Brunner Flugzeugwerken sperrig als „Avis BGV I“. Für damalige Verhältnisse war es eine revolutionäre Maschine, die unter Mithilfe kühner Weltkriegspiloten konstruiert wurde.

Alpen-Jumbo aus Brunn
20 Meter Flügelspannweite, ein BMW-Rumpfmotor mit 230 PS und zwei 100 PS starke Mercedes-Motoren an den Tragflächen, Platz für zehn Passagiere sowie eine Toilette mit Waschbecken. Spitzengeschwindigkeit 170 km/h.

Ein „bedeutender Kraftüberschuss“ und „Flugsicherheit auch beim Überqueren von Hochgebirgen“ wurde dem Alpen-Jumbo von zeitgenössischen Experten zugeschrieben. Trotzdem schaffte es die Maschine nicht über Demonstrations-und Rundflüge sowie Werbeeinsätze zum Abwurf von Flugblättern hinaus. Krickl: „Die Avis-Werke wollten eine Luftlinie gründen und Linienverbindungen nach Berlin, Triest und Paris aufbauen. Das ist an diplomatischen Verwicklungen gescheitert. Die Zeit war einfach nicht reif dafür.“

Während sich an einmotorigen Vorläufern der fliegenden Kiste noch bis 1930 angehende Militärpiloten in Graz versuchten, verliert sich das Schicksal der „Avis BGV I“ im Dunkeln. „Über das Ende ist nichts bekannt“ sagt Krickl. „Ich nehme an, es war ein Ruhiges, weil es gibt keine Hinweise auf einen Absturz.“ Die Konstruktionsfirma wurde 1928 durch die Weltwirtschaftskrise in die Knie gezwungen. Alles, was der Luftfahrt-Archäologe entdeckt hat, war ein Flugzeugsitz. „Den hab ich am Dachboden eines Schuppens am ehemaligen Areal der Avis-Werke gefunden.“

Noch ist die Auferstehung des Alpen-Jumbos nicht beendet. Als „Wissenschafts-Kommunikator“ plant Krickl bereits den Nachbau von Flugzeugteilen in Originalgröße, die Bespannung liefert die Textilfirma Backhausen. Sein Endziel „mit Herzblut“ ist eine Dauerausstellung in Brunn.

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