Nach Messerattacke: 15 Monate Haft für 16-Jährige

(Symbolbild)
Geschworene entschieden auf absichtliche schwere Körperverletzung. Urteil nicht rechtskräftig.

Am Landesgericht St. Pölten ist am Donnerstag eine 16-Jährige in einem Jugend-Geschworenenverfahren wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu 15 Monaten Haft, davon fünf Monate unbedingt, verurteilt worden. Die Anklage nach einer Messerattacke hatte auf Mordversuch gelautet. Die Schülerin nahm das Urteil an, das nicht rechtskräftig ist. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab.

Der Angeklagten wurde unter dreijähriger Probezeit auch auferlegt, ein Gewaltpräventionstraining zu absolvieren. Die fünf Monate unbedingt hat die 16-Jährige mit der U-Haft abgesessen.

Unter Auschluss der Öffentlichkeit

Das Verfahren verlief nach den Eröffnungsvorträgen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Richter Markus Grünberger hatte auf den Jugendschutz verwiesen. Mildernd hätten sich der zuvor einwandfreie Lebenswandel der Angeklagten, die Provokationen durch das Opfer und eine festgestellte eingeschränkte Schuldfähigkeit ausgewirkt, führte er am Nachmittag in seiner Urteilsbegründung aus.

Die Anklage hatte der 16-Jährigen vorgeworfen, am 18. Februar bei einer Auseinandersetzung mit einer Gleichaltrigen am Bahnhof St. Pölten ein Messer gezogen und mehrfach auf die Kontrahentin eingestochen zu haben. Die Verteidigung sah keine Tötungsabsicht und plädierte auf Notwehr mit fahrlässiger schwerer Körperverletzung.

Heftiger Streit im Bus

Das Opfer soll laut Staatsanwalt Michael Lindenbauer die Angeklagte aufgrund ihrer schwarz lackierten Fingernägel und ihres Gesichtsschleiers gehänselt und sich in WhatsApp-Nachrichten abfällig über die Gleichaltrige geäußert haben. Beide Mädchen sind gebürtige Tschetscheninnen. Am Tag vor der Auseinandersetzung soll es zu einem heftigen Streit in einem Bus gekommen sein. Daraufhin hätte die Angeklagte geplant, das andere Mädchen zum Bahnhof zu locken und zu ermorden. Dazu hätte sie ein Messer bei sich gehabt. Laut der Staatsanwaltschaft soll die Beschuldigte den Plan zwei Bekannten geschildert haben, die diese Aussagen aber nicht ernst genommen hätten.

Verteidiger Peter Krömer betonte, dass seine Mandantin - die sich nicht schuldig im Sinne der Anklage bekannte - zuerst vom Opfer mit einem Faustschlag ins Gesicht angegriffen worden sei und verwies auch auf die schwierige Kindheit der 16-Jährigen. Bei ihrer Geburt hätte in der Heimat "der totale Bürgerkrieg" geherrscht. Als Sechsjährige sei sie mit ihrer Familie nach Österreich geflüchtet. Nach "einer guten Zeit in Linz" sei sie vor etwa zwei Jahren nach St. Pölten und hier in eine Klasse gekommen, in der eine "starke Konzentration von Fremden" vorherrschte. Dadurch hätte sich die Schülerin "vermehrt in den tschetschenischen Freundeskreis zurückgezogen", so der Verteidiger. Krömer gab zu bedenken, dass es "dort andere Ehrbegriffe" gebe. Dazu käme, dass sich die Eltern aufgrund von Gewalthandlungen des Vaters getrennt hätten. Auch deswegen sei seine Mandantin gemobbt worden.

Für die Verteidigung sei es klar, dass das spätere Opfer zum Treffen am Bahnhof aufgefordert habe. Krömer zitierte dazu eine Chat-Nachricht. Demnach schrieb das Mädchen, dass man morgen schon sehen werde, "wer wen mehr blau macht". Aufgrund der Nachrichten hätte sich die Angeklagte bedroht gefühlt und das Messer mitgenommen, das sie nach dem Faustschlag und einer Ranglerei gezogen habe.

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