"Neni am Tisch" verlässt Wien

Der Entwurf des neuen Produktionsgebäudes in Gumpoldskirchen
Gastronomen-Familie Molcho verlegt Produktion der Supermarkt-Linie nach Niederösterreich.

Humus, Couscous und Falafel der Marke "Neni am Tisch" kommen schon bald aus Gumpoldskirchen, Bezirk Mödling. Das Unternehmen der Gastronomen-Familie, das wie kaum ein anderes für das junge und hippe Wien steht, verlegt den Produktionsstandort für die Supermarkt-Linie von der Donaustadt ins Wiener Umland. Neni am Naschmarkt, das zweite Unternehmen der Gastronomen-Familie Molcho, bleibt, wo es ist.

"Uns ist die Fläche zu klein geworden", berichtet Chef Nuriel Molcho. "Darum haben wir auf der grünen Wiese gesucht." Und zwar gründlich. Die Planung für den neuen Standort laufe bereits seit zwei Jahren, man habe "jede Wiese" in Wien und im Umland angeschaut, erzählt Molcho. Fündig sei man dann in Gumpoldskirchen geworden: "Wir haben uns in den Ort verliebt und bauen nun die Produktion mit Blick auf die Weingärten."Dass das Land NÖ eine große Expertise in Sachen Förderungen und Beratung von Unternehmen hat, kommt dazu. "Es werden einem nicht immer Bausteine in den Weg gelegt, wie in Wien", sagt Molcho: "Man fühlt sich als Teil des Teams." Ein weiterer Vorteil: Für die Auslieferung erwarten die Molchos weniger Verkehrsprobleme als in der Donaustadt.

Baubeginn in April

Im April soll der Spatenstich für den Standort im "Bauhausstil aus Israel" des Architekten Johannes Handler stattfinden. Künftig wird es 3000 Produktionsfläche geben, jetzt sind es 1000 – und die nur gemietet. Erweiterungen sind möglich. 40 bis 50 Mitarbeiter arbeiten dann in NÖ, aktuell beschäftigt "Neni am Tisch" 30 Leute. "Es ist ein großer Schritt in Richtung Innovation", freut sich Molcho. Die Gastro-Familie will auch ihr Sortiment schrittweise erweitern. Wie viel sie investieren, wollen sie nicht verraten. Nur: "Eine große Summe."

"Neni am Tisch" verlässt Wien
Reden über Haya Molcho , Neni am Naschmarkt

Aufmerksam wurden die Gastronomen auf Gumpoldskirchen, weil dort ein Mitarbeiter wohnt und ihnen den Ort nahegelegt habe. Nach der Besichtigung ging es zum Heurigen Rechtberger – und dort traf man den Bürgermeister Ferdinand Köck (ÖVP). "Es ist ein super Projekt, ich freue mich, dass es uns gelungen ist, das Unternehmen zu uns zu holen."

Immer wieder machten in den vergangenen Jahren Unternehmen Schlagzeilen, die der Bundeshauptstadt zugunsten des Umlands den Rücken kehrten. Aktuell überlegt die Traditionsmarke Staud’s, ob sie in Wien bleibt. Laut Helmut Miernicki, Chef der Wirtschaftsagentur ecoplus, sind seit 2013 70 Betriebe aus der Stadt nach NÖ gesiedelt. Mit einem Investorenservice und 17 Wirtschaftsparks punktet das Bundesland mit Beratung und Unterstützung. Doch es geht auch umgekehrt: So siedelte die Kran-Firma Prangl Anfang 2017 von Brunn/Gebirge nach Wien.

Von einer Konkurrenzsituation wollen aber weder NÖ noch Wien etwas wissen. "Ob sie fünf Meter vor oder nach der Stadtgrenze ihren Standort haben, ist volkswirtschaftlich egal. Wichtig ist, dass die Arbeitsplätze in Österreich bleiben", heißt es bei der Wirtschaftsagentur Wien. Die Stadt sei aufgrund qualifizierter Mitarbeiter, kurzer Wegen und Öffis interessant. Damit das so bleibt, setzte auch die Wirtschaftsagentur auf Förderungen, Beratungen und Immobilienangebote, erklärt Geschäftsführer Gerhard Hirczi. Zudem bemühe man sich um internationale Betriebe: 191 siedelten sich 2017 an, sie bringen ein Investitionsvolumen von 537,1 Millionen Euro und schufen 1087 Arbeitsplätze. Zudem zogen 5000 Unternehmen innerhalb der Stadt um. Sowohl Hirczi als auch Miernicki argumentieren, dass NÖ (aber auch das Burgenland) eher für Betriebe mit erhöhtem Flächenbedarf, etwa für Produktion, interessant sei – auch aufgrund der Grundstückspreise. Wien punkte dagegen bei den Büroflächen. So beließ auch Schlumberger seine Zentrale in Wien. Die Produktion wurde ins Burgenland verlegt.

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