Klagenfurt: Die Neuauflage eines Duells
Am Sonntag steigt die mit Spannung erwartete Stichwahl um den Klagenfurter Bürgermeistersessel, der erste Urnengang vor zwei Wochen (31,08:30,08 Prozent der Stimmen) lässt erneut auf ein ein Kopf-an-Kopf-Rennen schließen. KURIER und Politikwissenschafter Peter Filzmaier analysieren Stärken sowie Schwächen der beiden Kandidaten (siehe unten), den amtierenden Bürgermeister Christian Scheider (FPÖ) und seine Herausforderin Maria-Luise Mathiaschitz von der SPÖ.
Die beiden hatten sich unmittelbar nach der Wahl am 1. März natürlich selbst jeweils die besten Chancen eingeräumt. "Ich gehe davon aus, dass die Wähler der Listen der freiheitlichen Splittergruppen bei der Stichwahl mich wählen werden", kommentierte Scheider das Zwischenergebnis, bei dem er knapp voran lag. Mathiaschitz hingegen interpretierte das Ergebnis als ein Zeichen für einen erhofften Wechsel an der Spitze der Stadt: "70 Prozent der Wähler wollen offensichtlich Veränderung. Und ich stehe für Veränderung." Für die Kontrahenten ist die Stichwahl am Sonntag die Neuauflage ihres Duells aus dem Jahr 2009. Damals konnte sich Scheider mit 64 zu 36 Prozent klar durchsetzen und wurde Bürgermeister.
Die Lavanttalerin Maria-Luise Mathiaschitz absolvierte in Villach die Matura und schloss die Ausbildung als Medizinerin ab. Als Umweltärztin arbeitete sie in der Stadt sowie im Land und begann ihre politische Karriere relativ spät im Jahr 2003 als Klagenfurter Stadträtin für Gesundheit und Umwelt.
Nach der Stichwahl-Niederlage im Kampf um das Klagenfurter Bürgermeisteramt 2009 gegen Scheider wurde rasch klar, dass die beiden Kontrahenten mehr trennt, als sie eint. Eine Zusammenarbeit mit der Scheider-FPÖ schließt die 58-Jährige daher auch für die Zukunft aus. Das Landesmodell einer Koalition zwischen SPÖ, ÖVP und Grünen ist ihr da viel sympathischer.
Im Vergleich mit Scheider beweist Mathiaschitz mehr politisches Fingerspitzengefühl. An Stammtischen sieht man sie dafür selten, oft wird ihr nachgesagt, dass sie eher reserviert oder kühl erscheint. Dass man auch Wahlsiege einfahren kann, ohne als Kumpeltyp zu gelten, bewies 2013 auf Landesebene der aktuelle und ebenfalls eher intellektuelle Landeshauptmann Peter Kaiser. Vom Rückenwind der SPÖ profitierte Mathiaschitz auch im ersten Durchgang der Bürgermeisterwahl.
Wie kommt die Medizinerin bei der Bevölkerung an? „Sie kann weniger leicht eine emotionale Verbindung zu den Wählern aufbauen“, analysiert Filzmaier. „Dafür wirkt sie wegen ihrer Sachlichkeit bei Sachthemen kompetenter.“
Der Politologe bezeichnet Mathiaschitz als „typische Sozialdemokratin“. Als potenzielle Wähler sieht Filzmaier eher Frauen und formal besser Gebildete.
Für den Fall einer neuerlichen Niederlage von Mathiaschitz gegen den amtierenden Bürgermeiste Scheider gibt Filzmaier auch bei ihr zu bedenken, dass sich bisher keine Nachfolger aufgedrängt hätten: „Es wäre aber als Verlierer sowohl für Scheider als auch Mathiaschitz schwierig bis unmöglich, die eigene Partei zu überzeugen, bei der nächsten Bürgermeisterwahl wiederum die idealen Kandidaten zu sein.“
Im Jahr 1978 wurde der Klagenfurter Christian Scheider österreichischer Jugendmeister der Klasse C. Diese Tatsache spielt insofern eine Rolle, weil der Kontakt zur Politik und Jörg Haider über den Sport geebnet wurde. Vom Tennislehrer Haiders stieg der Absolvent der Heeressport- und Nahkampfschule zum persönlichen Sekretär Haiders, zum Landesparteisekretär und Stadtparteiobmann der FPÖ auf. Mit 64 Prozent der Stimmen besiegte Scheider 2009 Mathiaschitz und wurde überraschend Bürgermeister.
Wie sein politisches Vorbild versuchte sich auch Scheider als Sänger. In den Medien wird er gerne als „singender Stadtrat“ bezeichnet, weil er bei mehreren Wahlkampfauftritten wiederholt das Lied „O du mein Klagenfurt“ zum Besten gab.
Eine weitere Parallele zu Haider: Scheider pflegt den Kontakt mit der Bevölkerung, spricht mit den Menschen und symbolisiert: „Ich bin einer von Euch, verstehe Eure Probleme.“ Als großer Stratege wird er nicht in die Geschichte eingehen, die Entscheidungen erfolgen eher aus dem Bauch heraus. So betrachtet war es jedoch eine richtige Entscheidung, die marode FPÖ im Wahlkampf eher in den Hintergrund zu drängen.
Filzmaier glaubt, dass Christian Scheider hauptsächlich die männliche Bevölkerung der Kärntner Landeshauptstadt anspricht. „Und je höher der formale Bildungsgrad, desto geringer sein Stimmenanteil. Scheider hat nie das Image abgestreift, ein im Grunde sogar unpolitischer Mensch zu sein, der dadurch je nach Thema beliebig rechte oder linke Positionen einnehmen kann“, sagt er. Er versuche aber auch „der Typ Schwiegersohn zu sein, mit dem jeder leben kann. Das wird freilich mit zunehmendem Alter und als Politiker einer stark polarisierenden Partei immer schwieriger.“
Ob der 51-jährige Scheider bei einer Niederlage gehen müsste? Polit-Experte Filzmaier: „Ganz ehrlich: beide Stadtparteien machen nicht den Eindruck, als ob sie ein unerschöpfliches Potenzial junger Hoffnungsträger hätten.“
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