Vom Ende der Weisungskette auf die Anklagebank

Viele Gemeindebedienstete landeten vor Gericht, weil sie eine Weisung des Bürgermeisters befolgt hatten
Gemeindebedienstete landen oft vor Gericht, weil sie Weisungen des Ortschefs befolgten.

Manche kämpfen gegen Tränen, bei anderen pendelt das Mienenspiel zwischen Frust und Verzweiflung – mindestens zwei Dutzend Gemeindebedienstete mussten in den vergangenen dreieinhalb Jahren bei Scheinanmeldungsprozessen neben „ihren“ Bürgermeistern auf der Anklagebank Platz nehmen.

„Mitgehangen, mitgefangen“ hat Staatsanwalt Roland Koch im Landesgericht Eisenstadt jüngst fast Mitleid mit der Zwangslage der weisungsgebundenen Mitarbeiter gezeigt. Die Ortschefs sind als Meldebehörde verantwortlich. Vorgenommen wurden die meist zwecks Sicherung des Schulstandorts erfolgten Scheinanmeldungen ungarischer und slowakischer Kinder aber von Untergebenen. Welchem Druck durch den Ortschef sie dabei mitunter ausgesetzt waren, hat eine zu 6000 Euro verurteilte Gemeindebedienstete mit den Worten „Herr im Haus bin ich und gemacht wird, was ich sage“, unverblümt zu Protokoll gegeben.

Bei der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten weiß man um die Nöte der rund 550 Mitarbeiter in der Verwaltung der Kommunen und versucht auf zwei Ebenen zu helfen.
Mitgliedern, die wegen Scheinanmeldungen vor Gericht müssen, wird Rechtsschutz gewährt, damit zumindest die Anwaltskosten abgedeckt sind. Die Strafe müssen Bedienstete – wie Bürgermeister – aus eigener Tasche bezahlen.
Nach den vielen Prozessen seien mittlerweile wohl alle ausreichend sensibilisiert, hofft Gewerkschaftschef Karl Aufner. Anfangs sei vielen Gemeindebediensteten aber schlicht nicht klar gewesen, dass Scheinmeldungen als Amtsmissbrauch mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis fünf Jahren geahndet würden und damit ins Strafrecht fielen. Denn für Unterkunftgeber etwa seien Scheinmeldungen „nur“ ein Verwaltungsdelikt, gibt Aufner zu bedenken.

Zudem hätten sich viele in der Weisungskette verheddert. Bedienstete können die Befolgung einer Weisung nämlich erst ablehnen, wenn sie „gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde“ (B-VG Artikel 20). Bei anderen, „einfachgesetzlichen“ Verstößen müssten sie eine schriftliche Order hingegen schlucken.
Neben der Akuthilfe setzt Aufner ebenso wie Peter Pohl, Landesobmann der etwa 200 Amtmänner und Amtfrauen, auf Schulungen, um Grauzonen besser auszuleuchten. Im Vorjahr war ein Experte des Innenministeriums im Land, auch die neugegründete zentrale Fortbildungseinrichtung des Landes, die Akademie Burgenland, soll das heiße Eisen Meldegesetz anpacken.

Gut ausgebildete Mitarbeiter seien allemal eine lohnende Investition, befindet Pohl. Von deren Expertise könnten auch die Ortschefs profitieren. Ob das die „Herren“ unter den Bürgermeistern auch hören wollen?

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