Verkehrsunfall als Schicksalsschlag

Preisträgerin Ingeborg Abu-Taleb, die mit ihrem Mann Dr. Abdel-Latif Abu-Taleb in Bad Sauerbrunn lebt, und ihre drei Söhne
Der AUVA-Pflegepreis 2014 geht an Ingeborg Abu-Taleb, die seit 32 Jahren ihren Mann zu Hause pflegt.

"Diesen Urlaub sehne ich schon herbei", strahlt Ingeborg Abu-Taleb, nachdem sie am Donnerstag den diesjährigen AUVA-Pflegepreis überreicht bekommen hat. Neben der Auszeichnung stellt die Gewerkschaft Bau-Holz einen Urlaubsaufenthalt zur Verfügung. Seit 32 Jahren kümmert sich Ingeborg Abu-Taleb um ihren Mann, der nach einem Verkehrsunfall rund um die Uhr Pflege braucht. An ihren letzten Urlaub kann sich die 68-Jährige auch nach längerem Nachdenken nicht erinnern: "Auf Kur waren wir schon ein paar Mal, aber da hab ich mich auch um meinen Mann gekümmert."

Dieses Mal wird sie allein in ein Hotel nach Kirchberg in Tirol oder nach Schladming reisen – "Party machen", wie Rudolf Silvan von der Gewerkschaft Bau-Holz lachend meint.

Darüber hinaus gibt es von der Wirtschaftskammer Burgenland einen Gutschein über 1000 Euro für notwendige Umbauten im Haus der Familie in Bad Sauerbrunn.

Während Ingeborg Abu-Taleb sich erholt, ist natürlich auch für ihren Mann gesorgt, versichert Friederike Lackenbauer, Direktorin der AUVA-Landesstelle Wien, er wird in einem Reha-Zentrum betreut.

1982 war das Jahr, als sich für Familie Abu-Taleb alles änderte. Dr. Abdel-Latif Abu-Taleb war damals Gemeindearzt in Mailberg im Weinviertel, NÖ. Auf dem Weg zu einer Patientin passierte ein Verkehrsunfall, der für den Arzt mit Kopfverletzungen, Koma und in der Folge Sprach- und Koordinationsstörungen sowie Teillähmung aller Gliedmaßen endete.

Der jüngste der drei Söhne war damals zwei Jahre alt. "Auf einmal hatte ich ein viertes Kind", bringt es Ingeborg Abu-Taleb auf den Punkt. Das Wichtigste seien ihr immer die Söhne gewesen, ihnen trotz allem ein normales Aufwachsen zu ermöglichen. "Ich glaube, das ist mir gelungen", meint sie.

Im Alleingang

In den ersten Jahren nach dem Unfall hatte sie Unterstützung von der Familie ihres Mannes. Seit zehn Jahren pflegt Abu-Taleb ihren Mann in Bad Sauerbrunn allein. Wie sie das schafft? "Das fragt mich jeder. Es muss halt gehen, wobei es gute und weniger gute Tage gibt."

In Zukunft werde sie sich aber doch professionelle Unterstützung holen: "Es ist schon anstrengend und ich werd auch nicht jünger", sagt die 68-Jährige. Die Söhne wolle sie nicht weiter belasten, schließlich gehören auch schon drei Enkelkinder zur Familie.

Für Soziallandesrat Peter Rezar ist Ingeborg Abu-Taleb eine "bewundernswerte Frau, deren einzigartige Leistung einem Respekt abringt". So wie ihr Mann würden im Burgenland mehr als 16.000 Pflegebedürftige zu Hause im familiären Umfeld betreut (siehe auch Zusatzbericht).

Im Haus St. Vinzenz in Pinkafeld werden derzeit 120 Personen betreut. Dabei wird die Pflegebedürftigkeit in den vergangenen Jahren immer größer, denn so lange wie möglich werden die Angehörigen zu Hause betreut. „Rund ein Drittel der Pflegegeldbezieher werden von Angehörigen betreut, das ist einer der höchsten Betreuungssätze in Österreich“, sagt Soziallandesrat Peter Rezar. Die anderen zwei Drittel der 18.300 Pflegegeldbezieher im Burgenland werden entweder zu Hause von Krankenpflegern betreut, haben 24-Stunden-Pflege oder sind in einem Altenwohnheim untergebracht.


508 Pflegeplätze

Die höchste Dichte an sozialen Betreuungseinrichtungen im Land weist dabei der Bezirk Oberwart auf. „Er ist eine Modellregion geworden, es gibt hier 22 Einrichtungen“, sagt Finanzlandesrat Helmut Bieler. Der Bedarf an Altenbetreuung steigt. Im gesamten Land beträgt die Versorgungsdichte im Bereich der stationären Pflegeplätze rund 72 Plätze pro 1000 Einwohner, im Landessüden sind es fast 89 Plätze. Im Bezirk Oberwart allein stehen 508 Pflegeplätze zur Verfügung, durch den Neubau eines Pflegeheims in Großpetersdorf, der KURIER hat berichtet, kommen bald 30 weitere Betten hinzu.
Im Haus St. Vinzenz gibt es neben dem stationären Bereich auch eine Tagesbetreuung. In Pinkafeld wird mit den Senioren tagsüber gebastelt und gekocht, am Abend werden sie wieder abgeholt. „Damit können wir auch pflegende Angehörige entlasten. Es gibt auch geförderte Kurzzeitpflegeplätze für bis zu drei Monate“, sagt Rezar.
Im Jahr 2015 sind für den Bereich Soziales 85,6 Millionen Euro budgetiert, 45,5 Millionen fließen in die Behindertenhilfe und 24,6 Millionen in den Bereich Jugendwohlfahrt. Somit sei das Burgenland eines der am besten versorgten Gebiete, erklären die beiden Landesräte.
Roland Pittner

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