„Primärversorgungszentren sind eher nicht für ländliche Regionen“

Johannes Reisner fürchtet Druck, um ihn ins Primärversorgungszentrum zu bekommen
Das geplante erste Zentrum in Hornstein stößt auf Skepsis

Ärztekammer und Gebietskrankenkasse sind nicht immer einer Meinung: Was das in Hornstein geplante erste Primärversorgungszentrum (PHC von Primary Health Care Unit, Anm.) im Burgenland betrifft, passt zwischen Ärztekammerdirektor Thomas Bauer und BGKK-Chef Christian Moder aber kein Blatt Papier. Im Burgenland bestehe „keine Notwendigkeit“ für solche Zentren, sagt Bauer und Moder stellt fest, PHC‘s seien „eher nicht für den ländlichen Bereich gedacht“.

Über PHC‘s wird österreichweit heftig diskutiert, die Ärztekammer lehnt den Gesetzesentwurf ab, SPÖ-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner will trotzdem noch vor der vorgezogenen Nationalratswahl im Oktober einen Beschluss. Bundesweit sind demnach 75 Primärversorgungszentren geplant, aufs Burgenland entfielen zwei bis drei davon.

Offene Fragen

Das jüngste Bundesland will wieder einmal Musterschüler sein und prescht vor: Die neue Hornsteiner Bürgermeisterin Judith Pratl und Gesundheitslandesrat Norbert Darabos (beide SPÖ) haben das „Vorzeigeprojekt“ PHC jüngst präsentiert und mit „attraktiven Arbeitsbedingungen für Ärzte, kurzen Wegen und flexiblen Öffnungszeiten für Patienten“ angepriesen. Der erste PHC-Bauabschnitt soll 2020 fertig sein, die OSG und der Samariterbund sind mit an Bord.

Aber wer soll im PHC Hornstein ordinieren – laut Gesetzesentwurf müssen Allgemeinmediziner und Pflegekräfte das Kernteam bilden? Zwei praktische Ärzte gibt es derzeit in der 3000-Einwohner-Gemeinde. „Doktor Heindl wird mitgehen, Doktor Reisner möchte nicht“, sagt Pratl zum KURIER. Nachsatz: Aber mit Reisner „werden wir noch einmal reden“. Außerdem verhandle man derzeit noch mit Fachärzten, so die Ortschefin.

Hans Heindl war für den KURIER urlaubsbedingt nicht erreichbar, Johannes Reisner macht aus seiner Ablehnung kein Hehl: Er habe überhaupt nichts gegen ein PHC und mehr Ärzte in der Gemeinde, wenn Kollegen freiwillig in ein Primärversorgungszentrum wechseln. Aber „sechs Jahre vor der Pension möchte ich mich und meine Patienten nicht entwurzeln“. Zumal er viel in seine Praxis im Zentrum Hornsteins investiert habe und im Falle eines Umzugs auch Personal entlassen müsste, gibt der 57-jährige Mediziner zu bedenken.

Und auch seine Patienten wollen „ihren“ Vertrauensarzt nicht missen, wie ein Lokalaugenschein in Reisners Praxis belegt. „Ich bekomme hier auch Infusionen“, verweist Manuela Holzschuh auf das breitgefächerte medizinische Angebot. Tenor der Patienten, die Reisner zumeist duzen: „Im Ärztezentrum kann ich nie sicher sein, zu meinem Arzt zu kommen“. Reisner, der darauf verweist, dass die Ärzte der Region ohnedies vernetzt seien und er bei dringenden Notfällen schon jetzt freiwillige und unbezahlte Bereitschaft außerhalb der Ordinationszeit leiste, fürchtet indirekten Druck. „Ohne Kassenvertrag würde es schwer“.

Krankenkassen-Direktor Moder beruhigt: „Er hat so lange einen Vertrag mit uns, bis er ihn selbst zurückgibt“. Unterstützt die BGKK das geplante Ärztezentrum finanziell? Moder: „Nein, aus welchem Titel sollten wir dafür Geld ausgeben?“

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