„Wir waren immer Untertanen“

Paul Iby
Paul Iby wurde 1993 Bischof, seit 2010 ist Burgenlands „sanfter Kirchenrebell“ in Pension.

Bischof Paul Iby feiert heute, Donnerstag, den 20. Jahrestag seiner Bischofsweihe. Im KURIER spricht er über seinen Nachfolger und die „Kirchenrebellen“ um Helmut Schüller und erklärt, warum er an Stelle von Norbert Darabos zurückgetreten wäre.

KURIER: Könnten Sie die Zeit um 20 Jahre zurückdrehen, was würden Sie anders machen?

Paul Iby: Wesentliche Dinge würde ich nicht anders machen. Ich bin nicht überheblich, aber ich bin meinen Weg gegangen und glaube, dabei den Menschen sehr nahe gekommen zu sein.

Kaum Junge in der Messe, Pfarrermangel und Kirchenaustritte – das konnten Sie nicht stoppen.Das sehe ich im Rückblick als negativ, es tut weh.

Der Dialog für Burgenland war bundesweit Thema, ebenso Ihre Haltung zum Zölibat – Priester sollten wählen, ob sie zölibatär oder in einer Familie leben.Der Dialog ist gewachsen. Vor 20 Jahren hatte ich keine Idee davon. Als wir begonnen haben, gab es Kritik, jetzt Lob von höchster Stelle. Die Zeit gibt mir Recht.

Da wird Sie freuen, dass die Pfarrer-Initiative rund um Helmut Schüller manche Ihrer Reformvorschläge aufgreift?Erneuerung und Reform sind notwendig. Man muss pastoral etwas für geschiedene Wiederverheiratete tun. Der Rückgang geistlicher Berufe hängt auch mit dem Zölibat zusammen. Mit allem bin ich aber nicht einverstanden, besonders mit Aufforderungen zum Ungehorsam.

Provokation wird eher gehört. Das stimmt wohl, aber das ist nicht mein Stil.

Inhaltlich gibt es viel Konsens?

Ja, aber ich bin gegen Ungehorsam und für Dialog – auch in diesen Fragen. Deshalb gefällt mir nicht, dass man den Initiatoren gegenüber nicht genügend dialogbereit ist, sondern zumacht.

Ein Appell an den Kardinal?

Christoph Schönborn geht auf die Initiative zu, aber es ist auch Dialog mit Rom gewünscht, den vermisse ich. Da müsste sich die gesamte Bischofskonferenz mehr einsetzen.

Hat Sie Helmut Schüller je um Unterstützung gebeten?

Schüller war einmal mit einigen Vertretern der Initiative aus dem Burgenland bei mir. Eine Aufforderung mitzutun, gab es nicht. Ich wäre ihr auch nicht gefolgt.

Warum gibt‘s im Burgenland so wenig Unterstützer – Angst?

Auch, aber ich sehe das historisch: Wir Burgenländer sind immer Untertanen gewesen, das wirkt sich auf allen Linien irgendwie aus. Ganz wenige sind mutig.

Sollte nicht auch das Kirchenvolk selbstbewusster werden?

Das betrifft nicht nur die Kirche, auch die Politik. Wir sind viel zu lahm, zum Leben gehören Konflikte.

Herrscht nicht auch in der Diözese und bei Laien Angst, sich kritisch zu äußern?

„Wir waren immer Untertanen“
Zum Rücktritt von Generalvikar Georg Lang wollte niemand etwas sagen.Das ist anders als zu meiner Zeit, Angst ist da. Aus Angst wächst nichts, sie blockiert. In diesem Fall scheint es ein Stillhalteabkommen zwischen Bischof Zsifkovics und Lang zu geben. Die wahren Gründe des Rücktritts kenne ich nicht, es wird nicht darüber gesprochen.

Wer wird neuer Generalvikar?

Ich wage keine Prognose.

Wie ist der Zustand der Diözese?

Da halte ich mich zurück, jeder hat seinen Stil und seine Ziele. Ich komme leichter damit aus, wenn ich mir sage, dass muss ich nicht verantworten oder bewerten. Wobei ich nicht verhehle, dass ich manche Dinge nicht verdrängen kann.

Wie ist das Verhältnis zu Ihrem Nachfolger Ägidius Zsifkovics?

Korrekt.

Aber nicht herzlich?

Das stimmt. Ich könnte aber nicht sagen, dass es ein Konflikt ist, es ist bisschen ein Nebeneinander. Er hat mir aber zur Vorbereitung des heutigen Festes alle Mitarbeiter zur Verfügung gestellt, wir haben den Tag besprochen, es ist eine einheitliche Linie.

Wünschen Sie sich regelmäßigen Kontakt?

(Lange Pause) Ich habe das bei meinem Vorgänger auch nicht gemacht, er hat sich damals auch beklagt. Ich gestehe auch meinem Nachfolger zu, dass er seinen eigenen Weg geht. Von Zeit zu Zeit Meinungen auszutauschen, wäre aber sicher gut – ich hätte nichts dagegen.

Bei unserem letzten Gespräch haben sie das frostige Klima in der Landespolitik beklagt.

Das hat sich sehr gebessert. Manchmal ist es mir jetzt aber fast zu kuschelig.

Verteidigungsminister Norbert Darabos bläst nach der Volksbefragung der Wind ins Gesicht.

Als ich am Sonntag seine Betroffenheit gesehen habe, habe ich mir gedacht, es wäre besser, er würde das Handtuch werfen und sagen: Mein Ziel habe ich nicht erreicht, mich fürs andere von Herzen einzusetzen schaffe ich nicht – da gehe ich lieber.

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