"Können Sie vor dem Wahltag ruhig schlafen?"

ÖKI-Boss Marcus Winkler in Hirm mit Drucker Mario Rechtberger und Druckerei-Leiter Rene Tscheuk (v. re.)
Druckerei-Chef Marcus Winkler hat einen Auftrag übernommen, bei dem es wenig zu gewinnen gibt.

Wäre Marcus Winkler so leicht aus der Fassung zu bringen wie die aufgelösten Wahlkarten, gäbe es wohl auch am 4. Dezember kein Dacapo des Bundespräsidenten-Stechens zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer. „Ich tät‘s nicht machen, da kannst nur verlieren“, hätten ihn Kollegen gewarnt, erzählt der 53-jährige Geschäftsführer der Österreichischen Kuvertindustrie Ges.m.b.H. (ÖKI).

Winkler hat’s gemacht und 1,6 Millionen Wahlkarten gedruckt. Das Unternehmen im nordburgenländischen Hirm mit 70 Mitarbeitern und einer Jahresproduktion von 500 Millionen Kuverts wurde zum Retter in höchster Not, nachdem der Wahltermin 2. Oktober an Problemen bei der Verklebung von Wahlkarten aus dem Hause kbprintcom gescheitert war. Die oberösterreichische kbprintcom und die Staatsdruckerei haben die heiße Kartoffel an die ÖKI weitergereicht, den letzten Kuvertproduzenten Österreichs. Damit seien „alle Kuverts, die bei der Wahl zum Einsatz kommen, von uns“, betont Winkler, seit 2013 an der Spitze des zur Unternehmerfamilie Hromatka gehörenden Betriebs. Kuverts für den weiter von kbprintcom gedruckten Stimmzettel kamen schon zuvor aus Hirm.

"Können Sie vor dem Wahltag ruhig schlafen?"
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Warum er bei den neuen Wahlkarten keine Auflösung befürchtet, erklärt Winkler mit der klassischen Herstellung: Das Papier wird umgeschlagen und geleimt, bei den inkriminierten, „abgespeckten“ Kuverts würde das Papier nur übereinander gelegt und verklebt. Die Kollegen aus OÖ nimmt der gebürtige Linzer Winkler, den es vor 30 Jahren der Liebe wegen ins Burgenland verschlug, in Schutz: „In einer Massenproduktion kann das passieren“.

ÖKI hat auch bisher schon Wahlkarten geliefert, zuletzt für regionale Wahlen. Nur ohne die für Bundeswahlen geforderte überlange Lasche, die persönliche Daten der Wähler abdeckt. Die Lizenz für die kurze ÖKI-Lasche hat der Nationalrat übrigens erst vor wenigen Tagen erteilt.

Wahlleiter

Zeitdruck und Komplexität haben die ÖKI-Mannschaft um Druckereileiter René Tscheuk gefordert. Innerhalb von drei Wochen wurden die Wahlkarten produziert – unter Polizeischutz und mit einem von der Staatsdruckerei „ausgeklügelten Qualitätsmanagement“. Winkler ist stolz auf seine Truppe, die den Spezialauftrag neben der normalen Produktion in einer „Insellösung“ souverän abgearbeitet habe.

Und jetzt? „Ich kann ruhig schlafen“, antwortet der Vater zweier erwachsener Söhne ohne Zögern. „Wir haben alles getan, was möglich war“. Was dem Handelswissenschaftler, der von Unilever und Felix zu Büro & Papier gekommen ist, zusätzlich „gewisse Sicherheit“ gibt, ist der Umstand, dass bisher noch nie Kuverts aus Hirmer Hand „aufgegangen“ seien. Winkler: „Ich bin relativ relaxed“.

Was der Auftrag ökonomisch bringt, will er nicht beziffern. Es sei ein Geschäft wie andere auch – „ganz nett“, sagt Winkler ein wenig kokett. Das große Geld beschere die Rettung der Republik vor einer weiteren Blamage aber nicht, verweist der ÖKI-Chef auf den Zusatzaufwand. Viel wichtiger sei der symbolische Wert, das „Prestige“: Die „relativ kleine Firma“ habe die Leistungsfähigkeit unter Einhaltung strengster Qualitätskriterien bewiesen – eine Empfehlung für weitere Kunden.

Den 4. Dezember verbringt Winkler im Wahllokal, wie seit rund 15 Jahren ist er wieder Wahlleiter in einem Eisenstädter Sprengel. Auch wenn er dort „mit Wahlkarten weniger zu tun hat“, wird dieser Wahltag aufregender als sonst. „Ich bin froh, wenn alles ordnungsgemäß über die Bühne gegangen ist“.

Das hofft ganz Österreich.

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