"Ich dachte nur, die armen Kerle"

An den Skelette befinden sich Schuhe, auch Handgranaten wurden bei den Gebeinen gefunden.
Wunsch einer Zeitzeugin geht in Erfüllung: 30 sowjetische Soldaten bekommen letzte Ruhestätte.

Johanna Spörk geht mit Hilfe ihres Stocks weg vom Grab, wo die Wissenschaftler arbeiten. Wenn die 92-Jährige zurückblickt, erinnert sie sich, wie die Soldaten dort beerdigt wurden. "Damals war ich zu Besuch bei meinen Eltern", sagt sie. Es war im April 1945 die Rote Armee rückte Richtung Graz vor, entlang der Raab gab es Gefechte. "Sie kamen mit einem Pferdewagen, hinten lagen die Soldaten, die Köpfe hingen hinunter", erinnert sich die 92-Jährige. Die Soldaten mit dem Leichenwagen fuhren zum Haus der Familie in Welten, einem Ortsteil von St. Martin an der Raab. "Ich hab gedacht ich brech’ zusammen, meine Mutter hat nur die Hände zusammengeschlagen", sagt Spörk. Ihr Vater und andere Nachbarn mussten ein Grab für die Soldaten ausheben.

Kränze geflochten

"Mich hat ein Offizier weggeschickt, um Blumen für einen Kranz zu holen", sagt Spörk. Aus dem Haus holten sie alle Leintücher und Überzüge, um sie ins Grab zu legen. Die damals junge Frau hat zwei Kränze geflochten, die hineingelegt wurden. "Ich hab’ dann noch runter geschaut und nur gedacht, die armen Kerle", sagt Spörk.

Seit damals lagen die etwa 30 Soldaten der Roten Armee unter dem Obstgarten. Frau Spörk war es, die die Exhumierung in Gang gebracht hat. "Der Landeshauptmann hat mir zum 90er gratuliert. In meinem Dankesbrief habe ich ihm meinen letzten Wunsch geschrieben", sagt die 92-Jährige. Sie bat, dass sich jemand um die hier beerdigten Soldaten kümmert.

Seit Mittwoch laufen die Exhumierungsarbeiten. Das Bundesdenkmalamt, das Schwarze Kreuz und freiwillige Helfer sind dabei, die Leichen der Gefallenen auszugraben. Etwa 20 sind am Donnerstag bereits freigelegt worden. An den Gebeinen befinden sich etwa noch Lederstiefel. "Wir werden die Arbeit aufteilen müssen, wir haben mit einem Massengrab gerechnet", sagt Wolfgang Wildberger, Landesgeschäftsführer des Schwarzen Kreuzes, das sich um die Pflege von Soldatengräbern kümmert. Doch die Soldaten wurden einzeln beerdigt.

Dokumentation

Die Gebeine werden fotografiert und maßstabsgetreu gezeichnet. Archäologe Franz Sauer vermisst die Gräber und in Kooperation mit einem Anthropologen soll auch das Alter der Soldaten bestimmt werden. Die Skelette kommen in Gebeinskisten und werden vermutlich im Mai feierlich bestattet werden. Wer die Gefallenen sind, ist großteils bekannt. Mit Hilfe russischer Archive hat das Schwarze Kreuz und der Grazer Kriegsgräberforscher Peter Sixl die Namen der Gefallenen ausgeforscht. Durch die Untersuchung könnten viele Verwandte von Soldaten nun Gewissheit haben, wo ihre Angehörigen umgekommen sind . Johanna Spörk ist froh, dass ihr "letzter Wunsch in Erfüllung gegangen ist". Die Soldaten bekommen ein ewiges Grab, auf einem Soldatenfriedhof, statt im Obstgarten.

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