Goberling: Russisches Roulette im Reitdorf

Goberling: Russisches Roulette im Reitdorf
Architekt des Projekts hat noch keinen Cent gesehen und steht vor dem Konkurs. Laut Gerichtsurteil gibt es gar keine Bautätigkeit.

Alex Mautner sitzt vor einem dicken weißen Aktenordner, der penibel aufgelistet die Chronologie seines finanziellen und juristischen Desasters enthält. Mautner ist jener Architekt, der am 31. Mai 2006 von der L.V. Finanzgruppe Volossov mit der Generalplanung des Reitsportzentrums in Goberling, einem Ortsteil von Stadtschlaining, betraut wurde. Sechs Jahre und viele Prozesse später, steht Mautner vor dem Konkurs, "weil ich bis heute keinen Cent für meine Arbeit gesehen habe", erklärt der Architekt.

Der Grazer hatte die Pläne für dieses Projekt entworfen, sich um die Umweltverträglichkeitsprüfung gekümmert und  am 13. Juni 2006 erfahren müssen, dass sein Auftraggeber die Ansicht vertritt, "dass Sie Ihren Pflichten aus den genannten Verträgen bislang überhaupt nicht, zum Teil schwerst im Verzug  und zum Teil schlecht (...) nachgekommen sind."  Die L.V. Finanzgruppe trat damit vom Vertrag zurück. Es folgten die ersten Rechtsstreitigkeiten und Mautner wollte das Urheberrecht an seinen Entwürfen geltend machen und eine einstweilige Verfügung erwirken, dass nach seinen Plänen nicht gebaut werden dürfe. "Das Ganze ging bis zum Obersten Gerichtshof, wo man schließlich die Ansicht vertrat, dass man auf  Pläne, die wesentlicher Bestandteil eines Bescheides sind, kein Urheberrecht mehr hat", bezeichnet Mautner die Rechtslage als "skandalös".

Gericht

2009 schlitterte die L. V. Finanzgruppe schließlich in den Konkurs und Mautner versuchte, seine finanziellen Außenstände von knapp 850.000 als Gläubiger geltend zu machen, in dem er diesen Betrag für die Liegenschaft in Goberling bot. "Die Geschichte war ganz komisch. Der Masseverwalter setzte nur eine sehr kurze Frist über die Weihnachtsfeiertage und Mitte Jänner 2010 tauchte plötzlich Alexander Antonov als der Retter auf und bot eine Millionen Euro", erzählt Mautner (siehe Zusatzbericht unten).

Und während es um das Reitsportzentrum zwischenzeitlich ruhig wurde, kämpfte Alex Mautner am Grazer Landesgericht für Zivilrechtssachen weiter um sein Geld. Im März entschied die zuständige Richterin, dass Mautners Ansprüche unberichtigt sind, weil das Grundstück, auf dem das Reitdorf geplant ist, unbebaut sei und "der Nachweis dafür, dass die beklagte Partei das Bauvorhaben je verwirklichen wird (...) nicht erbracht werden konnte."

Baufortschritt

"Es ist zum Verzweifeln. Wir haben der Richterin sogar Bilder vorgelegt von den Bauarbeiten, aber nichts wurde anerkannt. Mittlerweile ist mir klar, dass  hier ein russisches Netzwerk dahinter steckt, das ganz tief in alle Strukturen rein geht und  ich darauf reingefallen bin", ist Mautner überzeugt.

"Alles läuft nach Plan", erklärt unterdessen Aleksandr Timohins, Geschäftsführer der ANTAVA GmbH, auf KURIER-Anfrage. Das Unternehmen mit Sitz in Graz errichtet das Reitdorf, Alexander Antonov investiert rund 25 Millionen Euro in das Projekt. "Wir werden jetzt die Musterhäuser finalisieren, über die nächsten Schritte ist noch keine Entscheidung gefallen", führt Timohins weiter aus. Nur so viel: "Herr Antonov ist mit dem Baufortschritt sehr zufrieden."

Atombombe, Attentat und Bankenpleite

Mit zahlreicher lokaler Politprominenz wurde im Oktober 2011 der Spaten zum Reitprojekt Goberling gestochen. Auch Investor Alexander Antonov gab sich damals die Ehre.

Der Multimillionär aus Moskau lebt heute zurückgezogen in Graz, doch nicht immer war es so ruhig um den Wirtschaftsmagnaten. Im März 2009 wurde er Opfer eines Attentats. Zwei tschetschenische Killer hatten ihm damals vor seinem Moskauer Haus aufgelauert.  Sie eröffneten sofort das Feuer. Antonov und sein Leibwächter wurden schwer verletzt.

Auch der Sohn, Wladimir Antonov, geriet 2011 in die Schlagzeilen – und zwar in Zusammenhang mit der Pleite der ehemals drittgrößten litauischen Bank, der Bankas Snoras. Der Schuldenstand wurde laut Wirtschaftsblatt auf mehr als eine Milliarde Euro geschätzt und riss damals auch das lettische Tochterinstitut Krajbanka mit in den Abgrund.

Der Zusammenbruch der beiden Banken machte in Lettland auch die Vollverstaatlichung der Fluglinie airBaltic notwendig. Antonov der ebenso wie sein Geschäftspartner Raimondas Baranauskas von der litauischen Justiz wegen mutmaßlicher Unterschlagung und Urkundenfälschung  zur Festnahme ausgeschrieben war, wurde in London festgenommen, gegen  Kaution aber wieder auf freien Fuß gesetzt.

Die schillernde Familiengeschichte reicht aber noch weiter zurück: Großvater Juri war Mitentwickler der sowjetischen Atombombe.

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