Früherer Marschbefehl für Doskozil

LH Niessl und sein erklärter Wunschnachfolger Doskozil
Niessls Wunschnachfolger soll spätestens Anfang 2018 ins Burgenland wechseln – es sei denn, er bleibt Minister.

Ein Gedankenexperiment: Verlöre die SPÖ bei der Landtagswahl 2020 wieder so viel wie 2015 und könnte die ÖVP so zulegen wie bei der Nationalratswahl am Sonntag, dann würden sich Rot und Schwarz-Türkis in zweieinhalb Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Landeshauptmann liefern.

Spätestens seit Sonntagabend plagen Albträume dieser Art die Roten, die seit 1964 den Landeschef stellen. Dank Sebastian Kurz konnte die Volkspartei bei einer Nationalratswahl erstmals seit 1970 wieder zur SPÖ aufschließen, nur 261 Stimmen beträgt der Vorsprung der SPÖ. Damit nicht genug, zeigte sich ÖVP-Chef Thomas Steiner am Montag "extrem zuversichtlich", seine Partei werde nach Auszählung der Wahlkarten am Donnerstag an der SPÖ vorbeiziehen. Schon jetzt sei das Ergebnis "sensationell", jubilierte der Oppositionschef, Platz eins wäre die "Top-Sensation". Eine zweite peilt die Volkspartei am 29. Oktober an, wenn in 19 Gemeinden Bürgermeister-Stichwahlen stattfinden. Nach dem ersten Durchgang am 1. Oktober stellen SPÖ und ÖVP je 74 Ortschefs – Ende Oktober möchte die Volkspartei auch da die Nase vorn haben.

Kulminieren, so der Masterplan, soll der schwarze Höhenflug bei der Landtagswahl im Frühjahr 2020.

Um das zu verhindern, dürfte Landeshauptmann Hans Niessl seinen Plan, erst 2019 den Spitzenkandidaten zu küren, vorziehen: Im Eisenstädter Landhaus deutet alles auf eine baldige Rückkehr von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil hin, Niessls Wunschnachfolger und von 2010 bis 2012 dessen Büroleiter.

Der 66-jährige Niessl, der seiner Partei 2000 den Landeshauptmann gerettet und 2005 für eine Periode gar die Absolute erobert hat, weiß selbst um die drängende Notwendigkeit einer Veränderung. Nach den letzten Wochen und Monaten sei klar, dass "kosmetische Eingriffe" nicht ausreichten, heißt es von Niessl-Vertrauten: "Die SPÖ des Jahres 2018 wird nicht die SPÖ 2017 sein."

Im Klartext: Kommt im Bund Schwarz-Blau und geht die SPÖ in Opposition (siehe Seite 2), geht man in der SPÖ davon aus, dass Doskozil statt als einfacher Abgeordneter im Nationalrat zu versauern das ihm längst zugedachte Kommando an der Heimatfront übernimmt, um die pannonische SPÖ wieder auf Offensivkurs zu bringen. Faktum ist: Niessl hat seine Partei zwar über fast zwei Jahrzehnte auf vergleichsweise sehr hohem Niveau gehalten, aber der letzte rote Zugewinn (Gemeinden, Landtag und Nationalrat) gelang bei der Landtagswahl 2005.

Anfang 2018 würde Doskozil wechseln, ob zunächst als Landesrat oder gleich als Landeshauptmann, sei derzeit noch offen, heißt es. Aber: Niessl und Doskozil verstünden sich so gut, dass diese Frage tatsächlich "in aller Freundschaft" geregelt werde. Im Zuge dieser Erneuerung könnten gleich auch ein oder zwei altgediente rote Landesräte für neue Gesichter Platz machen (müssen).

Doskozil ist an zwei Fronten gefordert: Der 47-jährige Jurist und gelernte Polizist muss nicht nur die andrängende ÖVP auf Distanz halten, sondern auch den Koalitionspartner. Bei der Nationalratswahl verlor die SPÖ 10.000 Stimmen an die Blauen.

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