Eiszeit am See erfreut Touristiker
Einen unerwarteten Besucher-Zuwachs hat der strenge Winter heuer den Tourismusgemeinden rund um den Neusiedler See beschert. Seit sich der See vor rund drei Wochen in den größten Natureislaufplatz Mitteleuropas verwandelt hat, strömen wöchentlich mehrere tausend Wintersportler ins Nordburgenland. Es ist die erste richtige Wintersaison seit vier Jahren. Im Jahr 2012 war der See das letzte Mal flächendeckend zugefroren.
Sie kommen zum Eislaufen, Langlaufen, Segeln und Surfen oder einfach nur, um ausgedehnte Spaziergänge quer über den See zu machen. Besonders beliebt ist das Westufer, in Rust finden die Wintertouristen das größte Angebot: ein Schlittschuhverleih samt Kufenschleifservice, ein geöffnetes Restaurant und mehrere Stände mit Glühwein, Tee und Kleinigkeiten zu essen. Außerdem rührt der Tourismusverband kräftig die Werbetrommel. In sozialen Medien und Newslettern wird auf das nicht alljährliche Eisspektakel aufmerksam gemacht. Mit Erfolg: "Am Wochenende haben wir schätzungsweise bis zu 6000 Gäste", erzählt die Geschäftsführerin vom Ruster Tourismusverband, Martina Schneider. Rund 15 bis 20 Zentimeter dick ist das Eis derzeit. Solange kein starkes Tauwetter eintritt, ist der See am kommenden Wochenende noch befahrbar, weiß Johann Schnedl vom Ruster Seebad. Aus Sicherheitsgründen wurden Eissegler, -surfer und -kiter aus der Ruster Bucht verbannt und müssen ihre Sportgeräte ein Stückchen weiter draußen starten, "es ist zwar nichts passiert, aber es waren schon ein paar haarige Situationen", erzählt Schneider.
Volles Haus
Katamaran-Chef Anton Polleres profitiert besonders von der Eiszeit am See. Sein Lokal ist an den Wochenenden voll, "wenn das jedes Jahr so wäre, könnte ich im Winter mehr Personal einstellen", sagt Polleres.
Weit weniger Besucher wurden in Podersdorf am See gesichtet, zwischen 1000 und 1600 Gäste nutzten die Natureisfläche bisher an den Wochenenden. Dennoch ist Tourismus-Chef Hannes Anton zufrieden. Die Gemeinde hat die Eisfläche zwar auch vom Schnee befreit, es gebe aber grundsätzlich weniger Infrastruktur als in Rust. "Außerdem hatten die Ruster heuer mehr Glück mit dem Wetter, weniger Wind bescherte ihnen eine glatte Eisoberfläche" erzählt Anton.
Ohne Aufwand
Ohne großen Aufwand für die Stadtgemeinde läuft der Eislauftourismus in Neusiedl am See. "Wir räumen den See nicht, Privatpersonen bringen ihre Schneeschaufeln selbst mit und schieben den Schnee vom Eis", erzählt der Geschäftsführer der Freizeitbetriebe Georg Glerton. Man sei vom strengen Winter überrascht worden und habe deshalb keine Vorbereitungen getroffen. Außerdem sieht Glerton, selbst Jurist, die Rechtslage ein wenig kritisch. Überall ist zwar angeschrieben, dass das Eislaufen auf eigene Gefahr erfolgt, "falls aber was passiert, ist in der Judikatur nicht klar ersichtlich, wie das ausjudiziert wird", erklärt er. Für die Zukunft wolle man sich aber ein Konzept überlegen.
Das große Treiben am Neusiedler See hat in der Landessicherheitszentrale Burgenland zu einem erhöhten Einsatzaufkommen geführt. Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) passieren pro Jahr im Burgenland bis zu 200 Unfälle beim Eislaufen. Anfang Jänner kam es in der Ruster Bucht zu zwei schweren Unfällen. Ein Mann erlitt nach einem Sturz ein Schädel-Hirn Trauma, eine Frau zog sich ebenfalls eine schwere Kopfverletzung zu. Viele Stürze endeten glimpflich.
Österreichweit verletzen sich jährlich rund 4800 Menschen beim Eislaufen so schwer, dass sie im Spital behandelt werden müssen. Die Mehrheit sind mit etwa 60 Prozent Männer.
"Neben dem Kopf gehören auch die Hände bzw. die Handgelenke zu den Körperteilen, die sich der Eisläufer leicht verletzen kann. Bei einem Sturz stützt man sich in der Regel reflexartig mit den Händen ab – was im schlimmsten Fall zu schmerzhaften Verstauchungen oder gar zu Knochenbrüchen führen kann", erläuterte Klaus Robatsch vom KFV. Das KFV empfiehlt, vor allem Kindern beim Eislaufen einen Helm aufzusetzen. 85 Prozent der Eisläufer tragen keinen Helm.
Beim Eislaufen auf Natureisflächen gilt: Das Betreten erfolgt auf eigene Gefahr. Neben dem Einbrechen drohen Stolperfallen wie Äste oder Spalten. Am Randbereich sollte die Festigkeit der Eisfläche überprüft werden. Viele Gemeinden geben am "Eistelefon" Auskunft über die Beschaffenheit des Eises.
Kommentare