Demonstranten hoffen auf Unterstützung vom Land

300 marschierten in Wulkaprodersdorf mit
Protest gegen ÖBB-Projekt, das Fahrzeit von Eisenstadt nach Wien verkürzen soll

"Es ist traurig, dass wir zu solchen Mitteln greifen müssen, wir sind ja keine Protestierer", ruft Richard Hermann Montagnachmittag seinen Mitstreitern zu, die sich am Ortsrand von Wulkaprodersdorf versammelt haben. Hermann ist einer der Proponenten der Bürgerinitiative (BI) gegen die Errichtung der Bahnschleife Eisenstadt auf Wulkaprodersdorfer Grund – und er steht an diesem kalten Wintertag nicht allein im Kreuzungsbereich von B16 und B50. Rund 300 der 1900 Gemeindebürger wehren sich lautstark, aber sehr diszipliniert und friedlich gegen eine weitere Einschränkung ihrer Lebensqualität und die "Zerstörung von 250 Hektar Ackerland", wie ein Demonstrant hinzufügt.

Wenn es nach den ÖBB geht, soll dort, wo sich die Demonstranten versammelt haben, bald der Anfangspunkt einer 2,4 Kilometer langen Schleife zur Verbindung der bestehenden Strecken von ÖBB und Raaberbahn gebaut werden. Noch läuft das eisenbahnrechtliche Verfahren und die ÖBB warten auf den Bescheid des Verkehrsministeriums, aber 2020 könnte Baubeginn des seit Jahren diskutierten Projekts sein. Die Kosten beziffern die ÖBB mit 20 Millionen Euro. Im Zusammenspiel mit der Schleife Ebenfurth und der Pottendorfer Linie sollen Pendler dann in 45 Minuten statt einer Stunde von Eisenstadt nach Wien kommen und nicht mehr in Wulkaprodersdorf umsteigen müssen.

Die Wulkaprodersdorfer sind nicht grundsätzlich gegen die Bahn, die Gemeinde hat selbst eine engere Schleife vorgeschlagen, die weniger Ackerland kosten würde – die ÖBB hätten das aber abgelehnt, sagt ÖVP-Bürgermeister Friedrich Zarits. Die Wulkaprodersdorfer sagen, dass irgendwann Schluss sein müsse mit den Belastungen – schon jetzt ist die Gemeinde durch B16, B50 und Autobahnzubringer von drei Seiten eingekreist, in den kommenden Jahren wird wohl noch die Verlängerung der A3 dazukommen.

"Prestigegeschichte"

Da scheint die Bahnschleife samt neuem Kreisverkehr in acht bis neun Metern Höhe und Park&Ride-Anlage das Fass zum Überlaufen zu bringen. Zumal die Bürgerinitiative von nur vier Minuten Fahrzeitverkürzung und Kosten von 27 Millionen Euro ausgeht. Das sei eine "reine Prestigegeschichte", klagt Landwirt Stefan Iwanschitz, der sich auch fragt, warum Wulkaprodersdorf in den sauren Apfel beißen soll. Schließlich habe " Eisenstadt einen vier Mal so großen Hotter". Der Alternativvorschlag der BI: Der Eisenstädter Stadtbus möge bis zum Bahnhof Müllendorf verlängert werden, das wäre viel billiger und umweltschonender.

Jetzt hofft BI-Sprecher Hermann aufs Land, dessen Verkehrskoordinator bisher eine Zuständigkeit in Abrede gestellt hat. Hermann: "Wir fühlen uns verlassen, ÖBB und Asfinag sind zuständig, aber es gibt niemand vom Land, der sich kümmert".

Demonstranten hoffen auf Unterstützung vom Land
Demo in Wulkaprodersdorf, Hermann (gelbe Weste) und Iwanschitz (orange)
Demonstranten hoffen auf Unterstützung vom Land
Demo in Wulkaprodersdorf auf der B 16 unter der B-50-Brücke

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