Burgenland: Rote Turbulenzen überschatten Wahl

Niessl (hinten) mit Doskozil (li.) und Hergovich
Im Burgenland wurden am Sonntag Gemeinderäte und Bürgermeister in 171 Gemeinden gewählt.

Das tut der SPÖ besonders weh: Die einst stolze rote Hochburg Hornstein, Heimatgemeinde des 2003 verstorbenen Landeshauptmanns Karl Stix, geht an die Volkspartei. Der 31-jährige Christoph Wolf kam bei der Bürgermeister-Direktwahl am Sonntag auf fast 57 Prozent der Stimmen. Die rote Amtsinhaberin Judith Pratl, die das Amt erst vor wenigen Monaten von Langzeitbürgermeister Herbert Worschitz übernommen hatte, kam nur auf 43 Prozent. Sein Team sei für fünf Jahre "super Arbeit" belohnt worden, sagte Wolf Sonntagabend in einer ersten Reaktion zum KURIER. Er werde trotz des fulminanten Sieges – die Schwarzen, die jetzt türkis sind, haben auch im Gemeinderat die absolute Mehrheit – die Zusammenarbeit mit der SPÖ suchen. Ob ihn das neue Amt künftig in der Landespolitik leiser treten lässt (Wolf ist ÖVP-Landtagsabgeordneter und Landesgeschäftsführer), konnte der Sieger am Sonntag noch nicht sagen: "Jetzt feiern wir erst einmal".

Überhaupt hatte die Volkspartei bei der gestrigen Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl wohl mehr zu feiern als die SPÖ, die seit 1964 den Landeshauptmann stellt und bisher auch in den Kommunen Nummer eins war. Noch knapp 231.000 Personen waren am Sonntag wahlberechtigt, nachdem am erstmals angebotenen vorgezogenen Wahltag am 22. September schon rund 31.000 Wähler an den Urnen waren. Deren Stimmen wurden verschlossen aufbewahrt und erst gestern nach Wahlschluss mit den übrigen Stimmen ausgezählt.

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Ergebnisse

Bei den Gemeinderatswahlen entfielen auf die Roten 45,3 Prozent der Stimmen, die Volkspartei kam auf 41,3 Prozent (Eisenstadt lag noch nicht vor). Blaue und Grüne konnten vom niedrigen Niveau 2012 aus zwar zulegen, aber sie bleiben in den Kommunen eine Randerscheinung. Den erstmals angetretenen Neos erging es nicht besser.

Burgenland: Rote Turbulenzen überschatten Wahl
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Bei den Bürgermeistern konnte die ÖVP auf Kosten der Sozialdemokraten sechs dazugewinnen und verlor im Gegenzug nur drei. Vor der Stichwahl in den 19 Gemeinden, wo gestern kein Kandidat den Sprung über die 50-Prozent-Hürde schaffte, steht es 74 SPÖ (2012: 87) zu 74 ÖVP (78), auf Listen entfallen vier Ortschefs. Die ÖVP könnte den Roten damit Ende Oktober den Rang als Nummer eins bei den Bürgermeistern ablaufen, was eine echte Sensation wäre.

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Kein Rückenwind

Die einen Tag vor dem Wahlsonntag ruchbar gewordenen Dirty-Campaigning-Vorwürfe gegen die SPÖ (siehe Seiten 2,3) hatten über Nacht die Einschätzung von Experten wie Wahlforscher Peter Filzmaier ins Wanken gebracht, dass es zwischen der burgenländischen Kommunalwahl und der Nationalratswahl am 15. Oktober keine nennenswerten Wechselwirkungen gebe. Landeshauptmann Hans Niessl zeigte sich "not amused": Auch wenn die Menschen zwischen Wahlen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene unterscheiden, sei die Causa dennoch nicht hilfreich gewesen. Im Klartext: Rückenwind von der Bundespartei sehe anders aus. Dass Niessl nicht ausgeschlossen hatte, das Bekanntwerden der Affäre just einen Tag vor der Burgenland-Wahl könnte von der ÖVP gesteuert sein, nannte ÖVP-Landeschef Thomas Steiner "kurios". Als Bürgermeister konnte Steiner in Eisenstadt die Absolute gegen größte Konkurrenz nicht nur halten, sondern sogar ausbauen.

Niessl hat am Sonntagabend seine Partei zum Wahlsieger erklärt. „Wir sind die Nummer eins bei den Mandaten und haben diese Wahl gewonnen“, sagte er. Für Steiner betreibe Niessl damit „Realitätsverweigerung", denn die Volkspartei sei „eindeutig“ Wahlsieger.

Dafür dass die SPÖ unbestritten noch Grund zu feiern hatte, sorgte Fabio Halb, der jüngste Bürgermeister Österreichs: Der 20-jährige Bankangestellte kam im südburgenländischen Mühlgraben mit knapp 300 Wahlberechtigten auf 79,4 Prozent.

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