Bürgermeister entschuldigt sich für "Judenkinder"

Erst Ende 2017 wurde beim Kreuzstadl wieder vergeblich nach den sterblichen Überresten der Opfer eines 1945 von Nationalsozialisten begangenen Massakers an Juden gesucht
Rechnitz. Formulierung "tut mir schrecklich leid".

Grünen-Chefin Regina Petrik fordert vom Rechnitzer SPÖ-Ortschef für eine Formulierung im örtlichen Kalender eine Entschuldigung "bei der jüdischen Bevölkerung bzw. deren Nachkommen".

Was ist passiert?

Im Kalender zur Geschichte der Gemeinde befinde sich ein Kapitel zum Schulwesen. Darin steht: "Ab 1944 wurden auch Knaben in die Hauptschule (Bürgerschule) aufgenommen. Diese wurde auch von evangelischen und von Judenkindern besucht." Der Terminus "Judenkinder" sei von den Nationalsozialisten des Dritten Reichs als herabwürdigendes Schimpfwort verwendet worden, sagt Petrik.

Andreas Peham, Rechtsextremismusexperte im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, teilt auf KURIER-Anfrage die Einschätzung, es handle sich um eine abschätzige und herabwürdigende Bezeichnung. Ob es auch eine genuin nationalsozialistische Diktion sei, könne er nicht eindeutig festmachen.

SPÖ-Bürgermeister Martin Kramelhofer bedauert den Fauxpas jedenfalls. "Es tut mir schrecklich leid", sagt der Ortschef Freitagnachmittag zum KURIER. Der Text sei ohne Prüfung aus einer alten Chronik übernommen worden, werde aber bei der nächsten Auflage des Kalenders in "jüdische Kinder" geändert, auf der Homepage sei das schon passiert.

Apropos: Laut der Historikerin Eva Schwarzmayer gab es 1944 gar keine jüdischen Kinder mehr im Ort. Im März 1945 wurden beim Rechnitzer Kreuzstadl rund 180 jüdische Zwangsarbeiter von Nationalsozialisten ermordet, während im Schloss ein "Kameradschaftsabend" mit lokaler NS-Prominenz stattfand. Die Leichen wurden nie gefunden.

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