Baby gequält: Eltern nicht geständig

Merilyn, Prozess
Schädel und Knochen des Säuglings waren gebrochen, Eltern streiten alle Vorwürfe ab.

Eine schwere Schädelverletzung, Rippenbrüche, die durch zu heftiges Packen am kleinen Körper entstanden sind, Verletzungen an Armen und Beinen, die durch Herumreißen entstanden sind und eine Gehirnblutung: Die Zahl der Verletzungen, die der zwei Monate alten Marilyn kurz nach ihrer Geburt im Juli des Vorjahres zugefügt worden waren, lässt den Zuhörern am Mittwoch am Landesgericht Eisenstadt einen Schauer über den Rücken laufen. Auf der Anklagebank sitzen jene Menschen, die für das Wohl des Babys hätten sorgen sollen – seine Eltern.

Fortgesetzte Gewaltausübung wirft Staatsanwalt Christian Petö der 23-jährigen Mutter Melissa U. und dem 25-jährigen Vater, Rene H., vor. „Es hat sich schnell herausgestellt, dass nur die beiden für die Taten infrage kommen können“, sagt Petö. Er sei der Überzeugung, dass es die Mutter gewesen sei. Sie habe versucht, Zeugen zu beeinflussen und bei Befragungen immer wieder Lügen erzählt.

Beide Angeklagten bekannten sich am Mittwoch nicht schuldig.

Martyrium

Als die Vorsitzende des Schöffensenates, Richterin Birgit Falb, noch einmal das Martyrium der kleinen Marilyn Revue passieren lässt, bricht die 23-Jährige in Tränen aus. „Ich kann das nicht hören. Ich war so eine schlechte Mutter, aber ich habe meinem Kind nicht weh getan“, sagte U., die sich auch vor Gericht immer wieder in Widersprüche verwickelt.

Schon nach der Geburt ihres Sohnes Travis im Jahr 2011 hatte sich die Jugendfürsorge in der Steiermark eingeschaltet, weil sich die junge Frau nicht ausreichend um das Neugeborene gekümmert hatte. Auch 2012, als das Paar nach Limbach (Bezirk Güssing) umgezogen war, war die Jugendwohlfahrt eingeschaltet.

Von den Verletzungen des Kindes hatte aber niemand etwas bemerkt.

Auch Rene H. stritt ab, seine Tochter gequält zu haben. Er habe sich hauptsächlich um den Haushalt und die gemeinsamen Kinder gekümmert. Etwa drei Wochen nach der Geburt habe seine Lebensgefährtin begonnen auszugehen. Manchmal sei sie spätnachts nach Hause gekommen.

Ebenfalls drei Wochen nach der Geburt Marilyns seien ihm Schwellungen am Kopf des Babys aufgefallen, erklärt Rene H. Laut Kinderarzt sei aber alles in Ordnung gewesen.

An einem Samstag im September entdeckte der Kindesvater, dass das Ohr seiner Tochter stark geschwollen war und ein Blut-Wasser-Gemisch aus dem Ohr kam. Seine Partnerin versicherte, im Spital anzurufen, wo man ihr geraten habe, am Montag in der Ambulanz vorbeizukommen. Wie sich herausstellte, hat U. den Anruf vorgetäuscht. „Rene hatte mir Angst gemacht. Er meinte, ich soll ja nicht anrufen, die nehmen uns die Kinder weg.“, rechtfertigte sich die Beschuldigte, die angab, von Rene H. zehn bis 15 Mal geschlagen worden zu sein.

Als Melissa U. am Montag mit ihrer Tochter ins Krankenhaus fuhr, kam das Martyrium des Babys ans Tageslicht. „Ich habe nicht verstanden, wie es so etwas geben kann“, so die Angeklagte.

Obsorge

Die Großeltern sagten als Zeugen aus, nichts von den Verletzungen des Enkerls bemerkt zu haben.

Der Großvater erklärte im KURIER-Gespräch, die Obsorge für die Kinder – der zweijährige Travis und die elf Monate alte Marilyn sind bei Pflegeeltern untergebracht – übernehmen zu wollen.

Auch der psychiatrische Sachverständige Anton Freun-schlag war am Mittwoch am Wort. Er stellte bei U. eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung fest. Betroffene würden zu unangemessenen Wutausbrüchen neigen. Rene H. sei seiner Lebensgefährtin nicht gewachsen gewesen. Er habe sich – auch wenn er sich zur Tatzeit in einem Drogenersatzprogramm befunden habe – als der Stabilere dargestellt. Beide Angeklagten seien zurechnungsfähig.

Der Prozess wird heute mit der Befragung weiterer Gutachter und Zeugen fortgesetzt. Ein Urteil wird für den Nachmittag erwartet.

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