Des Teuferls General und weitere Anekdoten aus dem KURIER-Fundus

Des Teuferls General und weitere Anekdoten aus dem KURIER-Fundus
Friedrich Torberg zählte zu den prominentesten Kulturkritikern des KURIER.

Der KURIER war noch ziemlich jung, da fuhren Friedrich Torberg, der damalige Theaterkritiker, und Rudolf Angerer, der damalige Karikaturist, im Auto durch Wien. Als irgendwo in Währing die Ampel auf „Rot“ zeigte, mussten die beiden gezwungenermaßen anhalten. Da schaute Torberg zum Fenster hinaus und entdeckte das Portal einer Süßwarenhandlung mit der Aufschrift „Zuckerl-Mayer“. Und er sagte trocken: „Das ist der, der ,Des Teuferls General’ geschrieben hat!“ (Anmerkung: Carl Zuckmayer ist Autor des Dramas „Des Teufels General“).

Kaiserschmarrn

In einer Zeitung, die 65 Jahre alt ist, wurden neben Tausenden Storys und Schlagzeilen auch kleine, heitere und menschliche Begebenheiten geschrieben. Viele bedeutende Journalisten und Schriftsteller waren in dieser langen Zeit für den KURIER tätig und wie das so ist bei bedeutenden Menschen, waren etliche Typen und Originale darunter. Zu ihnen zählte auch der Kritiker Hans Weigel. Als der einmal mit Hans Dichand, dem ersten Chefredakteur des KURIER, zum Mittagessen ging, bestellte er zum Nachtisch Kaiserschmarrn. „Herr Weigel“, wunderte sich Dichand, „Sie essen Kaiserschmarrn, wo doch jeder weiß, dass Sie gegen die Monarchie sind.“ „Schmarrn in Verbindung mit Kaiser“, replizierte Hans Weigel, „das geht!“

Weigel war damals bereits eine Berühmtheit, nicht zuletzt deshalb, weil ihn die Schauspielerin Käthe Dorsch am 13. April 1956 auf offener Straße geohrfeigt hatte, weil sie in einer seiner Kritiken nicht besonders gut weggekommen war. Es kam zum Presseprozess Weigel gegen Dorsch, im Zuge dessen der als Zeuge geladene Mime Raoul Aslan mit angemessenem Pathos „die Todesstrafe für Hans Weigel“ forderte. Verurteilt wurde dann aber die Dorsch „zu einer Geldstrafe von öS 500,- im Nichteinbringungsfalle drei Tage Arrest.“

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Wurde durch eine Ohrfeige berühmt:  der Kulturkritiker Hans Weigel

Menschliche Größe

Heribert Meisel, durch Funk, Fernsehen und als KURIER-Sportchef bekannt geworden, war zweifellos der populärste Sportreporter seiner Zeit. Anhand seines Todes im Alter von nur 46 Jahren soll aufgezeigt werden, dass es im harten Zeitungsgeschäft durchaus Beweise menschlicher Größe geben kann. Meisel starb einen langen, tragischen Tod, aber er wollte bis zuletzt seine Kolumne „Heribert unterwegs“ schreiben, weshalb in seinem Spitalzimmer ein Fernsehapparat aufgestellt wurde, der es ihm ermöglichte, die aktuellen Ereignisse mitzuverfolgen. Neben seinem Bett stand auch eine Schreibmaschine, in die er täglich seine KURIER-Kolumne hämmerte.

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Früher Tod: Österreichs populärster Sportreporter Heribert Meisel

Die Krebserkrankung nahm einen dramatischen Verlauf, und zuletzt stand Meisel unter dem Einfluss schwerster Morphine, die seine Schmerzen erträglicher machen sollten. Doch er schrieb unbeirrt weiter, auch im Herbst 1966 noch, als die Texte immer kryptischer wurden und nicht mehr in Druck gehen konnten.

Bis zum letzten Tag

Chefredakteur Hugo Portisch wollte verhindern, dass sein treuer Mitarbeiter eines Morgens die Zeitung aufschlagen würde, in der seine Kolumne fehlte. Und so ließ er in Meisels letzten Wochen tagtäglich eine eigene KURIER-Ausgabe drucken, die nur im Kaiser-Franz-Josef-Spital ausgeliefert wurde. Der Sportreporter konnte auf diese Weise bis zum letzten Tag seines Lebens seine Kommentare lesen.

An eine der kuriosesten Affären in der österreichischen Zeitungsgeschichte erinnert sich Heinz Nußbaumer, der langjährige Außenpolitikchef des KURIER (und spätere Pressesprecher der Bundespräsidenten Waldheim und Klestil):

Verhängnisvoller Irrtum

Bundespräsident Franz Jonas war nach Klagenfurt gefahren, wo er auf dem Platz vor dem Lindwurm mit allen militärischen Ehren empfangen wurde. Es ergab sich, dass ein zwar harmloser, aber offensichtlich nicht ganz zurechnungsfähiger Zaungast salutierend neben dem Bundespräsidenten einherging, während dieser die Parade abschritt. Ein KURIER-Fotograf hatte die skurrile Szene eingefangen und nach Wien gemeldet, dass das Bild per Funk unterwegs sei.

Hugo Portisch platzierte das Foto auf Seite eins der Abendausgabe und beauftragte einen Wiener Lokalredakteur, den dazu passenden Text zu verfassen. Dieser schrieb – ohne das Bild gesehen zu haben – ein paar Zeilen über den Vorfall und setzte darüber den Titel „Ein Irrer schreitet die Parade ab.“

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Kuriose Affäre um ein Foto, das Bundespräsident Franz Jonas zeigte

Wenige Minuten später langte das aus Kärnten gefunkte Bild in Wien ein. Der über die Zusammenhänge nicht informierte Fotolaborant sah den Schnappschuss, erkannte den Bundespräsidenten und einen Unbekannten, für den sich ohnehin kein Mensch interessieren würde. Er schnitt den Unbekannten weg und leitete das Foto an die dafür zuständige Chemigrafie weiter, worauf die Verkettung der unglückseligen Umstände ihrem Höhepunkt zustrebte.

Es war jedenfalls das erste und einzige Mal in der Geschichte der Zeitung, dass die gesamte Abendausgabe des KURIER eingestampft werden musste. Denn neben dem Titel „Ein Irrer schreitet die Parade ab“ prangte das Bild des österreichischen Bundespräsidenten.

Titeländerung auf Zuruf

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Schnell noch den Titel geändert: die Schauspielerin Margit Saad

Zu den prominenten Kulturkritikern unserer Zeitung zählte auch Peter Weiser. Dieser sollte eines Abends die Josefstadt-Premiere des Stücks „Die Ernte“ von Richard Billinger rezensieren, wobei die weibliche Hauptrolle von der jungen, bildschönen Schauspielerin Margit Saad verkörpert wurde. Ernst Haeusserman, Freund und Berater des damaligen KURIER-Herausgebers Ludwig Polsterer, saß nach dem Ende der Vorstellung an seinem Stammtisch im Restaurant „Zur Linde“ und ließ sich wie immer aus der Setzerei telefonisch die Kritiken der Morgenausgabe durchgeben. Diesmal las ihm der Schlussredakteur Peter Weisers Betrachtungen zu dem Stück an der Josefstadt vor. Schon der Titel ließ sich mit „Gute Ernte, schlechte Saad“ vielversprechend an und diesem folgte eine ebenso pointierte Kritik, aus der hervorging, dass Weiser das Stück gefallen hätte, er sich für die schauspielerische Leistung der Hauptdarstellerin Margit Saad jedoch keineswegs erwärmen konnte.

Als der Schlussredakteur die Rezension vorgetragen hatte, hieß es schnell handeln. Denn Haeusserman wusste, dass Peter Weisers oberster Chef Ludwig Polsterer der Schauspielerin Margit Saad sehr zugetan war und er daher keineswegs gutheißen würde, wenn diese ausgerechnet in seiner Zeitung schlecht wegkäme. Und so rief er, um Weiser vor größerem Schaden zu bewahren, nach einer Schrecksekunde noch einmal in der KURIER-Setzerei an und änderte die Titelzeile kurzerhand auf: „Die Saad war gut, die Ernte schlecht“.

War der Austausch des Titels in der buchstäblich allerletzten Sekunde vor Andruck erfolgt, so musste eine Änderung des übrigen Textes unterbleiben, weil dies die Fertigstellung der Morgenausgabe akut gefährdet hätte. Da Haeusserman wusste, dass Polsterer ohnehin immer nur die Titelzeilen in der Zeitung las, niemals jedoch die Artikel, konnte er das Risiko eingehen. Und so erschien am nächsten Morgen im KURIER ein Artikel, in dessen Titel die Hauptdarstellerin gelobt und das Stück verrissen wird, in der eigentlichen Kritik aber das exakte Gegenteil stand.

Es gab keine Konsequenzen – Polsterer hatte auch diesmal nur den Titel gelesen. Die Leser offenbar auch. Jedenfalls langte in der KURIER-Redaktion keine einzige Beschwerde ein.

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