R.E.M. verabschieden sich

R.E.M. verabschieden sich
"It's the end of the ..." Band. Nach drei Jahrzehnten Rockgeschichte gehen die Herren von R.E.M. getrennte Wege. Sie nehmen mit "großer Dankbarkeit" Abschied.

Das Ende kam dann doch etwas überraschend. Nach 30 Jahren hat sich eine der größten Bands der Rock-Geschichte aufgelöst. R.E.M. aus Athens im US-Staat Georgia vereinte kongenial rauen Indie-Rock und eingängige Pop-Melodien. Einige ihrer Songs sind schon jetzt Klassiker.

Das jüngste Album "Collapse Into Now" weckte Hoffnung, dass R.E.M. mit einem neuen Kreativitätsschub noch einmal die Kurve kriegen könnte. Die teilweise in Berlin aufgenommene, Anfang dieses Jahres erschienene 15. Studioplatte war von erfrischender Spielfreude, die Millionen Fans wieder an eine Zukunft ihrer Lieblingsband glauben ließ. Spitzenränge in den Charts (darunter Platz 1 in Deutschland) schaffte auch dieses Spätwerk. Doch am Ende war der Verschleiß nach drei Jahrzehnten wohl zu groß.

Was bleibt, sind einige der wichtigsten Rock-Alben der vergangenen 25 Jahre und zwei Handvoll Songs, die durchaus neben den Großtaten der Beatles, Beach Boys oder Byrds bestehen können. Zugleich war R.E.M. - Sänger Michael Stipe, Gitarrist Peter Buck, Bassist Mike Mills und bis 1997 auch Schlagzeuger Bill Berry - eine bodenständige US-Südstaaten-Band ohne Skandale, die ihre Wurzeln in der Punk- und Indie-Szene nie verleugnete und trotz Superstar-Status glaubwürdig wirkte.

"Es ist einfach der richtige Zeitpunkt"

Der Abschied von den Fans war denn auch bei allem branchenüblichen Pathos so würdevoll, wie man es von dieser stets höflichen Band erwarten konnte: "An jeden, der jemals von unserer Musik berührt wurde, unser tiefster Dank fürs Zuhören", hieß es am Mittwoch in einer Erklärung auf der R.E.M.-Webseite. Auch untereinander herrsche Harmonie: "Es gibt keine Missklänge, kein Zerwürfnis, keine Anwälte, die sich streiten. Wir haben diese Entscheidung zusammen getroffen, freundschaftlich und im besten Interesse für jeden von uns. Es ist einfach der richtige Zeitpunkt."

Die Erfolgsgeschichte des 1980 unter dem Namen "Twisted Kites" in Athens/Georgia gegründeten Quartetts begann drei Jahre später, mitten in der Ära des kühlen, glamourösen Synthie-Pops, mit dem Gitarrenrock-Album "Murmur". Stipes kryptische Texte waren wegen seines raunenden Nuschelgesangs zwar kaum zu verstehen, doch die Band strahlte mit ihrer Orientierung am Gitarrenrock der 60er und am Punk der 70er Jahre eine Ernsthaftigkeit aus, die viele Musikfans damals im Pop vermissten. Großartige Konzerte verstärkten den Eindruck, dass mit R.E.M. (Abkürzung für Rapid Eye Movement) eine neue Ära anbrechen könnte.

Es dauerte trotz hervorragender Platten wie "Lifes Rich Pageant" (1986) oder "Green" (1988) noch Jahre, ehe R.E.M. 1991 mit dem Single-Hit "Losing My Religion" der große Durchbruch gelang. Mehrere Grammys waren der Lohn, ehe das zwischen Folk, Pop und traumhaften Balladen pendelnde, 18 Millionen Mal verkaufte Album "Automatic For The People" die Band 1992 in den Kreis der Megastars katapultierte - zu U2, Prince, Madonna und Michael Jackson. Mit der sperrigen Rockplatte "Monster" versuchten Stipe & Co wenig später die Flucht aus dem neuen Mainstream zu ergreifen, doch es gelang ihnen nicht wirklich.

Die Alben von R.E.M. waren danach fast immer erfolgreich, aber nur noch selten ein Ereignis. Kurz vor dem weitgehend missglückten "Up" (1998) ging Schlagzeuger Berry von Bord, für viele Fans das Herz der Band. Stipe, Buck und Mills machten als Trio mit wechselnden Studiomusikern weiter, versuchten sich mal am Soft-Pop im Stil der Beach Boys, dann wieder an kurzen, raue Gitarren-Songs. Hin und wieder war von Streitereien und Trennungsgerüchten zu hören. 2007 wurden die Musiker in die legendäre Rock 'n' Roll Hall of Fame aufgenommen.

Zuletzt habe man sich gefragt: "Was jetzt noch?", gab Bassist Mills am Mittwoch zu. Die letzten Songs seien "ein sauberer Schlussstrich unter 31 Jahre Zusammenarbeit". R.E.M. haben damit trotz manch mittelmäßiger Platte vermieden, jemals peinlich zu werden. Und auf mögliche Solo-Projekte - vor allem des längst zum charismatischen Entertainer aufgestiegenen Sängers Stipe (51) - darf man gespannt sein. Der Abschiedsschmerz der Fans könnte also schon bald gelindert werden.

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