Das Dschungelcamp aus Sicht der KURIER-Kritiker

Brigitte Nielsen: Die "dänische Oma" schmeißt die Show
KURIER-Kulturchef und Opernkritiker Gert Korentschnig sowie KURIER-Theaterkritiker Guido Tartarotti unterzogen die RTL-Show einer eingehenden Dschungelprüfung.

Die Wetterlage in Australien hat sich entspannt, das große Finale (Samstag, 22.15, RTL) scheint gesichert. Sie ist die Überraschung der Show: Das wandelnde Silikon-Endlager Brigitte Nielsen, bisher bekannt für mäßig anspruchsvolle Action-Filme, eine turbulente Ehe mit Sylvester Stallone und ein peinliches Duett mit Falco, erwies sich als sympathische Dschungelkämpferin. Als solche zeigte sie weder Angst vor Kakerlaken und Ameisen noch vor bissigen Intriganten. Sogar der sarkastische Moderator Dirk Bach zollt ihr Respekt: "Wir haben Zauberer, Schauspieler und Stripper im Camp. Und wer schmeißt die Show? Die dänische Oma."

In Deutschland sahen diese sechste Staffel durchschnittlich etwas mehr sechs Millionen Zuschauer, in Österreich etwa 240.000. Aber wie urteilen die KURIER-Kritiker über die Show? Kulturchef und Opernkritiker Gert Korentschnig sowie Theaterkritiker Guido Tartarotti unterzogen die RTL-Show einer eingehenden Dschungelprüfung:

"Die Dschungelshow ist große Oper"

Das Dschungelcamp aus Sicht der KURIER-Kritiker
Kulturfreie Zone ORF

Oper bedeutet, zumindest in den meisten Fällen, Überhöhung. Überhöhung in der Ausdrucksform: Wer fängt schon an zu singen, wenn er im Sterben liegt? Überhöhung der sonst in der Nachbarschaft beobachteten Emotionen. Überhöhung und Verdichtung in der dramaturgischen Gestaltung. Und auch Überhöhung der anderswo üblichen Publikumsreaktionen, also heftiger Applaus oder Buh-Rufe.

Insofern ist die Dschungelshow große Oper. Zwei Beckmesser sitzen in der Baumloge und machen sich über alles lustig. Alle Protagonisten spielen brav ihre Rolle, der klischeehaft dämliche Kicker, das Nackedei, der Ungustl mit den Raben, die berühmte Frau, die mit noch berühmteren Männern liiert war, das junge Liebespaar. Nach jedem Akt gibt es eine Wertung durch das Publikum. Und selbstverständlich ist vom Regisseur fast alles inszeniert. Maden-Fressen macht einen Bruchteil dieser Dschungelshow aus. Sie ist die erste, die durch Überhöhung zur Satire, zur Parodie auf eine Reality-Show, zur Kunstform geworden ist. Intelligente deutsche Blätter nehmen sie plötzlich nicht nur als Schmuddel-TV wahr. Ein Viertel der Seher hat Uni-Abschluss. Auch der Autor dieser Zeilen gesteht: Er hat versucht, möglichst wenig zu verpassen.

Gert Korentschnig

KURIER-Wertung: ***** von *****

"Die Dschungelshow ist großes Theater"

Das Dschungelcamp aus Sicht der KURIER-Kritiker
Im Bild: Uncooler Vater Alan

Und vor allem lustiges. Wenn Rocco und Kim Liebespaar spielen und niemand glaubt ihnen; wenn Jazzy Diktatorin sein will und niemand beachtet sie; wenn Micaela nackt im Regen steht und niemand außer den Regentropfen nimmt von ihrem Körper Notiz; dann ist das komischer als jede andere Comedy-Sendung im deutschen Fernsehen. Und Comedy ist das Dschungelcamp. Was denn sonst? Niemand nimmt diese Trash-TV-Show ernst. Weder die Moderatoren, noch die Kandidaten, noch das Publikum. Angeblich ist das Dschungelcamp ja eine menschenverachtende Quälerei. Wer das behauptet, hat die Show sicherheitshalber noch nie gesehen. Das Schlimmste, was den Kandidaten dort droht, ist, dass man ihnen ein Krokodil mit gut sichtbar gefesselter Schnauze zwischen die Beine legt – und ansonsten sehr viel lauwarme Langeweile mit Bohneneintopf. Mein Liebling war diesmal der übersensible Exfußballer namens "Das Ailton". Mit Micaela in eine Höhle gesperrt, verkündete er, in dieser Lage "keine Sekunde" schlafen zu können. Augenblicke später schlief er fest, nur ab und zu zart pupsend. "Mein Fans, alles. Rufi an, nix!", flehte er, und blieb trotzdem lange dabei.

Guido Tartarotti

KURIER-Wertung: ***** von *****

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