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Zum Anbeißen

Sie improvisieren und experimentieren. Soziologen und Banker, Journalisten und andere Menschen, die bisher kaum Erfahrung mit der Gärtnerei haben, bepflanzen ihr kleines Stückchen Erde. Unter dem Beifall von Gartenexpertin Andrea Heistinger. „Die haben so viele kreative Ideen, die Profis gar nicht hätten.“ Klar, dass auch scheitern dazu gehört. Doch meist funktioniert das Experiment.

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Ausreden gelten nicht. Es braucht nicht einmal einen Garten, um die eigenen Kräuter und das eigene Gemüse zu ziehen. „Die Minimalvariante ist ein Platz an der frischen Luft. Ein größeres Fensterkisterl oder ein kleiner Balkon reichen für den Start“, sagt Andrea Heistinger. Die Gartenexpertin weiß, worauf es ankommt, wenn man auf kleinster Fläche ernten möchte.

„Eine wichtige Voraussetzung ist, nicht bei der Erde zu sparen, sondern gute Qualität zu kaufen.“ Jedenfalls sollte es Bio-Erde sein, die gibt es auch im Supermarkt, am besten ist Bio-Erde mit Regenwurmkompost.

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Für das Pflanzgefäß hat Heistinger eine Grundregel: Je größer, desto besser – desto teurer. Als Materialien kommen nicht imprägniertes Holz und lebensmittelechter Kunststoff in Frage. Das können, als preiswerte Variante, auch Pfandkisten oder Bäckereikisten, die mit Teichfolie abgedichtet werden, sein. Was angepflanzt wird, kommt auf die Lage des Balkons an. „Auf Balkonen herrschen oft extreme Bedingungen. Sehr schattig oder sehr heiß. Blattgemüse wie Ampfer, Salate oder Mangold vertragen Schatten besser, Paprika und Paradeiser können kaum genug direkte Sonne bekommen. Für Gurken oder Feuerbohnen reicht lichter Schatten. Heistinger rät: „Wenn Sie von Ihrer geplanten Gemüseanbaufläche aus den Himmel sehen, hat der Ort das Potenzial, so viel Licht einzufangen, dass man hier Gemüse anbauen kann.“

Eine Erschwernis ist der Wind. Nicht nur, dass die Pflanzengefäße gut verankert werden müssen, je mehr Wind, desto durstiger die Pflanzen, weil mehr Wasser verdunstet. Ein einfaches Bewässerungssystem schafft Abhilfe.

Herbert Lackner kennt seine natürlichen Feinde ganz genau, schließlich ist er mit ihnen ständig im Clinch. Nein, es sind nicht lästige Pressesprecher von mühsamen Politikern, die den profil-Chefredakteur nerven. Es sind die Wühlmaus, die Schnecke und der Kohlweißling. Denn Herbert Lackner ist Gärtner, und das gleich zweifach.

Auf dem Dach seines Wohnhauses im Karmeliterviertel in der Leopoldstadt fing alles an. Auf 40 Quadratmetern begann er dort Gemüse anzubauen. „Alles, was in der Hitze wächst. “ Melanzani, Paradeiser, Gurken. Wenn er am Abend aus der Redaktion heimkommt, dann erklimmt er zunächst einmal den Dachgarten, schließt den Gartenschlauch an und bewässert seine Pflanzen.

Der Grundstein zu Herbert Lackners Begeisterung fürs Gärtnern wurde schon in jungen Jahren gelegt. „Ich bin als Gemeindebaukind ohne einen Quadratmeter eigenes Grün aufgewachsen. Deshalb freut mich das jetzt umso mehr.“ Es geht ihm nicht in erster Linie um die Ästhetik. „Ich will keinen Gardone-Garten wie André Heller, sondern bin ein Beutemacher. Da hab’ ich mich auch bei Hugo Portisch wiedergefunden. Der geht ja auch nicht um des Spazierengehens willen in den Wald, sondern weil er dort Schwammerln finden möchte.“

Und diese Beute fällt reichlich aus, besonders seit der Journalist auch in seinem Mostviertler Vierkanthof ein Gemüsebeet angelegt hat. Spinat, Kohlsprossen, Brokkoli, Stangenbohnen, Erdäpfel und Zucchini und jede Menge Kräuter erntet er da. „Das reicht fürs ganze Jahr, denn vieles, was man nicht gleich verbraucht, hält sich oder es wird halt eingefroren.“

Der Frühling ist für den Gärtner aus Leidenschaft die spannendste Zeit. Da nimmt er eigens zwei Wochen Urlaub, um sowohl in Wien als auch im Mostviertel die Spuren des Winters zu beseitigen und alles anzubauen. Schon im März kann man die ersten Salate und Kohlrabi einsetzen, ab Mai wird geerntet. „Es ist schon befriedigend, einfach rauszugehen, die eigenen Paradeiser vom Strauch zu holen und zu kochen.“

Alles ist biologisch. Lackner hat seinen eigenen Kompost und ein Mal im Jahr kommt der Nachbarbauer und kippt ihm einen Anhänger voll Stallmist hin. „Manchmal nehme ich einen Sack davon nach Wien mit.“ Was ihn besonders fasziniert: „Mit dem Garten kann ich den Jahreszyklus viel besser miterleben.“

Sein Waterloo erlebte Lackner, als er eine Krenwurzel einsetzte. „Der Kren hat sich überall ausgebreitet und mit seinen riesigen Blättern die anderen Pflanzen beschattet. Das ist ein ständiger Kampf.“ Eine positive Lehre zog er auch daraus: „Die Natur ist wahnsinnig geduldig. Sobald du was einsetzt, wächst es.“