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Die Wahrheit über Weihnachten: Warum Rudolph eine Rudolphine ist

An nur wenige Tage im Jahr haben wir so klare Erwartungen wie an den 24. Dezember. Christbaum, Familie, Essen, Bescherung sind feste Bestandteile des Rituals. Doch einige vermeintliche Gewissheiten, die wir von Kindesbeinen an vermittelt bekommen, halten einer näheren Prüfung nicht stand. 12 Halbwahrheiten – und was wir wirklich wissen:

1. Jesus wurde in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember geboren Höchstwahrscheinlich nicht. Kaiserin Sisi und Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll sind Beispiele für echte Christkindeln, sie haben definitiv an einem 24. 12. das Licht der Welt erblickt. Für den Sohn Gottes aber wird in der Bibel kein Geburtsdatum genannt, der 24. 12. wäre also ein echter Zufallstreffer. Gläubige errechneten verschiedenste Tage in unterschiedlichen Monaten, ehe im 4. Jahrhundert der 25. Dezember festgesetzt wurde (der Abend des 24. gehört kirchlich bereits dazu). Damit "übernahm" man praktischerweise auch gleich verschiedene heidnische Feste. Nicht einmal das Geburtsjahr Jesu ist gesichert, angenommen wird es zwischen 7 und 4 vor Christus.

2. In Bethlehem So steht es doch im Neuen Testament?! Ja, weil es nämlich so gut zum Alten Testament passte, in dem ein Heilsbringer aus Bethlehem prophezeit wurde. Jesus von Nazaret wurde aber wohl in – Bingo! – Nazaret geboren. Auch der berühmte Stall ist ein Mythos, wobei man zur Ehrenrettung der Evangelisten sagen muss, dass dieser in der Bibel nicht erwähnt wird. Dort ist nur von einer „Krippe“ die Rede – der Stall wurde später dazuinterpretiert. Statt in hölzerne Ställe brachten Hirten ihr Vieh im damaligen Palästina in Felsenhöhlen. Jesus dürfte eher in einem Haus mit Krippe geboren worden sein, aber nicht in einem Stall mit Ochs und Esel, wie es Krippen und Krippenspiele meist darstellen.

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3. Die Heiligen Drei Könige Sie waren weder Heilige noch Könige, sondern im Matthäusevangelium noch Magier, wahrscheinlich Sterndeuter. Der „Stern von Bethlehem“, dem sie angeblich folgten, ist wohl astrologisch zu begreifen. Eine echte Himmelserscheinung ist wissenschaftlich nicht nachweisbar. Weder wissen wir, ob sie Caspar, Melchior und Balthasar hießen, noch, ob sie zu zweit, zu viert oder zu zwölft waren. Die Vermutung dreier Könige blieb bestehen, weil sie ja auch drei Gaben – Gold, Weihrauch und Myrrhe – brachten. Wahrscheinlich war nicht einmal einer von ihnen dunkelhäutig, laut Überlieferung soll Balthasar immerhin einen schwarzen Bart gehabt haben. Dass er im Mittelalter zum Afrikaner wurde, liegt daran, dass man sich quasi um Diversität bemühte, um zu zeigen, dass hier der Messias für die ganze Welt erschienen war.

4. Das Christkind bringt die Geschenke Die brachte bis zur Reformation eigentlich der Nikolaus am 6. Dezember. Martin Luther, dem die katholische Heiligenverehrung ein Dorn im Auge war, favorisierte gegenüber dem legendären Bischof von Myra im 16. Jahrhundert das Christkind samt Bescherung am 25. Dezember. Diese evangelische Variante setzte sich schließlich durch und ist heute paradoxerweise vor allem in überwiegend katholischen Ländern präsent. Christbaum und Adventkranz stammen ebenfalls aus dem Protestantismus oder wurden durch diesen verbreitet.

5. Mit den Geschenken machen wir anderen Freude In Wahrheit schenken wir auch aus Eigennutz, denn das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, macht uns selbst zufrieden, stolz und glücklich. Dieser „Warm Glow“-Effekt stellt sich beispielsweise auch beim Kauf von Bioprodukten ein.

6. Das traditionelle Weihnachtsessen Gibt es nicht. Fasttag, Festmahl oder Fast Food, alles ist möglich. Österreich kennt viele typische Weihnachtsgerichte wie Nudelsuppe mit Würsteln, gebackenen Karpfen oder gebratene Gans. In anderen Ländern gibt es andere Bräuche, in Japan einen für uns einigermaßen skurrilen: Millionen Familien pilgern nämlich alle Jahre wieder zu KFC, Kentucky Fried Chicken. Dem Hendlkonzern gelang es Mitte der 1970er, durch geschickte Werbung die weihnachtstraditionslose Zeit im shintoistisch-buddhistischen Japan marketingtechnisch für sich zu vereinnahmen.

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7. Stille Nacht, Heilige Nacht Bis ins 18. Jahrhundert hinein war der 24. Dezember vielerorts eher ein Anlass für rauschende Feste, bei denen reichlich Alkohol floss. Nach der vorhergehenden Fastenzeit glühten die Menschen quasi vor, um sich die Zeit bis zur nächtlichen Christmette zu verkürzen. In der Kirche wurde dann mitunter munter weitergebechert. Um diesem Treiben Einhalt zu gebieten, wurden die Gottesdienste teilweise vorverlegt – der Heiligabend war geboren.

8. Weihnachten ist das Fest der Liebe Das wünschen wir uns natürlich alle. Richtig ist, dass rund um Weihnachten die meisten Kinder gezeugt werden: Der September war laut Statistik Austria auch 2022 wieder der Monat mit den meisten Geburten. Die wenigsten Kinder kamen partout am 25. Dezember zur Welt. Das Fest hat jedoch auch Schattenseiten: Mit hohen Erwartungen geht man in ein ungewohnt intensives Beisammensein – und des Öfteren im Streit oder gar getrennt wieder heraus. Wer während des Jahres einen Menschen verloren hat oder überhaupt einsam ist, fühlt den Schmerz über die Feiertage doppelt. Notrufnummern wie die Telefonseelsorge (Tel. 142) sind rund um die Uhr erreichbar.

9. O Tannenbaum! Der Text dieses Weihnachtsklassikers entsprang ausgerechnet einem traurigen Liebeslied: Beim sächsischen Prediger August Zarnack war der immergrüne Tannenbaum 1819 nur der beständige Gegensatz zu einer flatterhaften Geliebten („O Mägdelein, o Mägdelein, wie falsch ist dein Gemüte“). Der Leipziger Lehrer Ernst Anschütz strich das untreue Mädchen und gab dem Baum mit seinen treuen Blättern die Hauptrolle in zwei weiteren Strophen. Die Kombination mit der bekannten Melodie ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts belegt. Das Lied wird auch zu profaneren Gelegenheiten intoniert, etwa in der Kommunistischen Partei Chinas und von 1939 bis 2021 als Hymne des US-Bundesstaates Maryland („Maryland, My Maryland“).

O Tannenbaum, o Tannenbaum // wie treu sind deine Blätter // Du grünst nicht nur zur Sommerzeit // nein auch im Winter, wenn es schneit // O Tannenbaum, o Tannenbaum // wie treu sind deine Blätter

O Mägdelein, oMägdelein // wie falsch ist dein Gemüte // Du schwurst mir Treu in meinem Glück // nun arm ich bin, gehst du zurück // O Mägdelein, o Mägdelein // wie falsch ist dein Gemüte

Die Nachtigall, die Nachtigall // nahmst du dir zum Exempel // sie bleibt solang der Sommer lacht // im Herbst sie sich von dannen macht // Die Nachtigall, die Nachtigall // nahmst du dir zum Exempel

Joachim August Christian Zarnack
"Der Tannenbaum". Der Text wurde anfangs aber noch nicht auf die heute damit verbundene Melodie gesungen

10. Weiße Weihnachten Die schneereichen 1960er-Jahre prägen bis heute viele persönliche Erinnerungen. Statistisch gesehen waren Weiße Weihnachten trotzdem immer schon eher die Ausnahme denn die Regel. Im Durchschnitt alle vier Jahre, hieß es früher. Mittlerweile sind die Chancen wegen des Klimawandels gesunken: In tiefen Lagen gibt es sie nur noch halb so oft wie in der Zeit vor 1980. In St. Pölten etwa gab es zuletzt 2007 eine geschlossene Schneedecke zu Weihnachten. Den Rekord der Landeshauptstädte hält Innsbruck mit 96 cm Schnee im Jahr 1962. Der Normalfall ist aber das berüchtigte Weihnachtstauwetter, das in 7 von 10 Wintern einsetzt.

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11. Coca-Cola erfand den Weihnachtsmann Tatsächlich feierte der von Luther degradierte Nikolaus in Amerika sein Comeback: Holländische Einwanderer brachten im 17. Jahrhundert ihren „Sinterklaas“ in die Neue Welt mit. Aus Sinterklaas wurde Santa Claus, aber das war lange vor Coca-Cola. Der US-Limohersteller darf sich freilich auf die Fahnen heften, das heute gängige Bild vom rundlichen Weihnachtsmann mit der Zipfelmütze und dem roten Mantel geprägt zu haben: Es fand erstmals 1931 durch eine Cola-Werbung weite Verbreitung.

12. Sein erstes Rentier heißt Rudolph Wenn schon, dann Rudolphine! Denn männliche Rentiere werfen ihre Geweihe  lange vor Weihnachten  ab. Die trächtigen Weibchen tun das erst im Frühjahr, weil sie im Winter die Futterplätze verteidigen müssen. Die neun behörnten Zugtiere des Weihnachtsmannschlittens können also nur Weibchen sein. Verschiedenen Berechnungen zufolge müssten sie für ihre weltumspannende Geschenketour zu knapp 100 Millionen Haushalten übrigens 3.000-fache Schallgeschwindigkeit erreichen – und daher wie eine Sternschnuppe sofort verglühen. Es bliebe ihnen aber sonst auch nur eine Tausendstelsekunde pro Lieferung. Viel mehr Zeit hat ein Zusteller heutzutage für ein Paket allerdings auch nicht.