Hunderassen: Gleich im Gerechtigkeitssinn, unterschiedlich im Verhalten
Ob Hüter oder Zugtier: Hunde schätzen Gerechtigkeit - und zwar unabhängig von ihrer Rasse. Wie eine Wiener Studie zeigt, legen alle Vierbeiner den gleichen Sinn für Gerechtigkeit an den Tag, ungeachtet zu welchem Zweck sie ursprünglich gezüchtet wurden.
Eine Aversion gegen Ungerechtigkeit wurde in Studien bereits bei einer Vielzahl von Tierarten nachgewiesen. Eine Erklärung dafür lautet, dass sich die Ungerechtigkeitsaversion gemeinsam mit der Fähigkeit zur Zusammenarbeit entwickelt hat.
Insbesondere Hunde eigenen sich gut, um diese Annahme intensiv zu betrachten. Forscher des Domestication Lab des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung und dem Messerli-Forschungsinstitut der Vetmeduni Vienna analysierten nun, ob Hunderassen, die mit Menschen kooperieren einen höheren Gerechtigkeitssinn haben als Artgenossen, bei denen dieses Rasse-Merkmal weniger stark ausgeprägt ist.
Um diese Hypothese wissenschaftlich zu testen, untersuchten die Wissenschafter zwölf Vertreter von „kooperativ arbeitenden“ Rassen mit zwölf Individuen von „unabhängig arbeitenden“ Rassen. Zentrales Ergebnis der Studie: Die Hypothese lässt sich nicht halten, Hunde lieben von Natur aus Gerechtigkeit, Rasse und Rasse-Merkmale haben keinen signifikanten Einfluss.
Erwünschtes Verhalten eine Frage der Rasse
Kooperativ und unabhängig arbeitende Hunderassen unterscheiden sich demnach nicht darin, inwieweit sie Ungerechtigkeit ablehnen. Allerdings liefert die Studie Hinweise dafür, dass es abhängig von den Rasse-Eigenschaften eine unterschiedliche Bereitschaft gibt, gegenüber Menschen ein erwünschtes Verhalten zu zeigen.
„Bei unserer ,Pfotenaufgabe' waren Hunde kooperativ arbeitender Hunderassen eher bereit, auch ohne Belohnung die Pfote zu geben, als jene von nicht kooperativ arbeitenden Hunderassen. Vertreter der kooperativ arbeitenden Hunderassen waren tendenziell auch geselliger, als Hunde nicht kooperativ arbeitender Rassen und verbrachten mehr Zeit in der Nähe ihrer Hundepartner”, erklärt Jim McGetrick vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung an der Vetmeduni Vienna die Ergebnisse.
Pfotenaufgabe mit und ohne Belohnung
Beim Test des Verhaltens der Tiere ging es um die sprichwörtliche Wurst: Bei der ersten Aufgabe, der sogenannten Pfotenaufgabe, wurden zwei Hunde mit drei Belohnungsvarianten getestet. In jeder der Varianten mussten beide Hunde abwechselnd auf Befehl die Pfote geben.
In Variante 1 wurden beide Hunde mit einem Stück Wurst für das Pfote-Geben belohnt. Ungerecht wurde es schließlich in Variante 2, wo nur einer der Hunde ein Stück Wurst für das Pfote-Geben bekam, während der andere Hund leer ausging. In Variante 3 erhielt einer der Hunde keine Belohnung für das Pfote-Geben, der andere Hund war allerdings nicht anwesend.
Futtertoleranz geprüft
Daran anschließend wurde die sogenannte Futtertoleranz der beiden Hunde geprüft: Hier durften die Hunde gemeinsam zwanzig Scheiben Wurst aus einer Schüssel fressen, bis diese bis zum letzten Bissen aufgegessen war, dabei wurde ihr Verhalten beobachtet. Zum Abschluss des Tests war als dritte Aufgabe Kuscheln mit den menschlichen Partnern der Hunde angesagt, wobei auch hier ihr Verhalten wissenschaftlich beobachtet wurde.
Zucht beeinflusst Kooperationsbereitschaft
„Insgesamt stützen unsere Ergebnisse nicht die Hypothese, dass sich Ungerechtigkeitsaversion und Kooperation gemeinsam entwickelt haben. Sie beleuchten jedoch mögliche Unterschiede im Selektionsdruck, den kooperativ arbeitende und unabhängig arbeitende Hunderassen während ihrer gesamten Evolutionsgeschichte erfahren haben“, sagt McGetrick.
Vor diesem Hintergrund eröffnen sich spannende Ansätze für zukünftige Studien, die sich als Untersuchungsbereich auf ein besseres Verständnis der Unterschiede zwischen einzelnen Hunderassen konzentrieren könnten.
Die aktuelle Studie wurde in Plos One veröffentlicht.