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Warum das warme Mittelmeer steirische Unwetter auslöst

Alles begann vor drei Jahren: "Damals setzten Unwetter ganz Bayern unter Wasser", erzählt Douglas Maraun. Der Klimaforscher vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz wollte wissen, wie das passieren konnte und begann den Übeltäter ins Visier zu nehmen: das sich erwärmende Mittelmeer.

In den vergangenen 30 Sommern ist unser liebster Urlaubspool um etwa 1,5 Grad wärmer geworden (siehe Bild unten).

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Das bedeutet, dass das Oberflächenwasser heute durchschnittlich 24,5 Grad warm ist. Und dieser Temperaturanstieg hatte hunderte Kilometer weiter nördlich in den vergangenen Jahren bereits verheerende Auswirkungen. Die Forscher haben jetzt ermittelt, dass das Plus des Meeres im Südosten Österreichs, aber auch in Slowenien, Ungarn und der Slowakei zu öfteren und heftigeren Niederschlagsextremen führt.

"Typische Ereignisse, die damit zusammenhängen, sind die Hangrutschungen in der Südoststeiermark aus den Jahren 2009 und 2014. Die wären vor 30 Jahren wohl nicht in dieser Intensität passiert", spekuliert Maraun. Ähnlicher Starkregen über Süddeutschland und der Tschechischen Republik hatte in den vergangenen Jahrzehnten zu Hochwassern der Elbe, der Oder und der Donau geführt.

Gemeinsamer Auslöser

Alle diese Extremereignisse haben laut Maraun einen gemeinsamen Auslöser: Adria-Stürme, die sogenannten Fünf-b-Zyklone. "Diese Stürme entstehen über dem Mittelmeer, ziehen über die Adria nach Nordosten an den Alpen vorbei, kühlen sich beim Überqueren der Gebirge ab und lassen es regnen," erklärt der Klimatologe.

Um nun den Einfluss des Hotspots Mittelmeer zu ermitteln, haben Maraun und seine Kollegen vom GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und des Shirvhov Instituts für Ozeanologie in Moskau für ihre Simulation "einmal das Mittelmeer genommen, wie es in den 1980er-Jahren war. Und dann wie es etwa 2005 war."

In der Folge simulierten die Forscher die globale Atmosphäre des typisch kühlen und des typisch warmen Jahres 40-mal mit Klimamodellen. "Die Anzahl der Fünf-b-Zyklone war in beiden Simulationen etwa gleich, aber die Verdunstung über dem Mittelmeer nahm stark zu. Die Stürme transportierten also mehr Feuchtigkeit entlang ihrer Zugbahnen, weshalb die Intensität von Extremniederschlägen stark angestiegen ist", sagt der Klimaforscher und veröffentlichte seine Erkenntnisse jetzt im Online-Journal Scientific Reports. Noch etwas weiß Maraun aus seiner Simulation: "Der Unterschied zwischen kaltem und warmem Mittelmeer kann bis zu 50 Prozent mehr Niederschlag in Mitteleuropa bedeuten."

Auch die Aussichten sind laut Maraun beunruhigend: "Erwärmt sich das Mittelmeer weiter, ist deshalb über Mitteleuropa mit einer zunehmenden Intensivierung von Starkniederschlägen im Sommer zu rechnen". Welche Regionen allerdings genau davon betroffen sein werden, ist mit heutigen Klimamodellen nur unzureichend abzuschätzen, weil zukünftige Verlagerungen der Sturm-Zugbahnen nicht exakt simuliert werden können.

Wer nun beim Klimaforscher nachfragt, ob auch die Unwetter in Leibniz diese Woche auf das Konto des Mittelmeeres gehen, erhält eine ausweichende Antwort: "Das waren lokale Gewitter, die nichts mit den Fünf-b-Zyklonen zu tun haben, die wir beschreiben." Allerdings werde, so Maraun weiter " dadurch, dass sich das Mittelmeer erwärmt, generell mehr Feuchte in die Steiermark gebracht, so dass sich auch lokale Gewitter intensivieren sollten." Womit sich einmal mehr bewahrheitet, dass beim Klima irgendwie alles immer zusammenhängt. Und es keine einfachen Antworten gibt.