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Ultrafeinstaub im Nichtraucherraum

Sie sind wenige Millionstel Millimeter klein und dringen nach dem Einatmen nicht nur in tiefe Lungenabschnitte, sondern sogar in die Blutgefäße ein: Ultrafeinstaub-Nanopartikel. Mit einem neuen Messgerät führten Viktoria Slavik und Armin Schietz (Diplomanden am Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien) erstmals in 88 Wiener Gastrononomiebetrieben Messungen der Ultrafeinstaubbelastung durch. "Die Ergebnisse waren erschreckend", sagt Schietz:

- In Nichtraucherbereichen gemischter Lokale (mit angrenzenden Raucherbereichen) war die Belastung mit Ultrafeinstaub im Mittel dreieinhalb Mal so hoch wie in reinen Nichtraucherlokalen.
- In Raucherlokalen und Raucherbereichen war die Belastung im Schnitt sieben bis zehn Mal so hoch. Die Höchstwerte lagen beim Siebzigfachen.
- Die Außenluft spielt kaum eine Rolle: In Nichtraucherlokalen betrug die Feinstaubbelastung weniger als die Hälfte der an der Taborstraße gemessenen Werte. In Nichraucherzimmern von Raucherlokalen war sie etwas mehr als doppelt so hoch, in Raucherlokalen bzw. Raucherzimmern lag sie um das Elffache über den Werten der Taborstraße.
"Besorgniserregend" sei auch gewesen, so Schietz, dass es in 61 Prozent der untersuchten Lokale Verstöße gegen das Tabakgesetz gab:
- In zwölf Lokalen waren Raucher- und Nichtraucherraum falsch oder gar nicht gekennzeichnet.
- 14 Lokale hatten kein Nichtraucherzimmer, obwohl sie größer als 50 Quadratmeter waren. Hier wäre es allerdings theoretisch möglich, dass eine Ausnahmebestimmung wegen
bau- oder denkmalschutzrechtlicher Vorschriften vorliegt.
- In 24 Betrieben stand die Verbindungstür zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich überhaupt ständig offen. Wobei auch geschlossene Verbindungstüren die Belastungen mit Fein- und Ultrafeinstaub im Nichtraucherbereich nicht signifikant verringern konnten, ergab die Studie: "Offensichtlich reicht bereits das kurze Öffnen beim Betreten oder Verlassen des Raucherraums aus, um den Nichtraucherraum zu kontaminieren", betont Schietz.

"An Tagen mit höherer Feinstaubbelastung in der Atemluft (durch Verkehr und Hausbrand, Anm.) steigt die Zahl der Notdiensteinsätze und Spitalsaufnahmen wegen Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen an", betont Univ.-Prof. Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien. Durch das Rauchen in Innenräumen erhöhe sich die individuelle Feinstaubbelastung zusätzlich: "Hier besteht das größte Feinstaub-Vermeidungspotenzial."

Für Ärztekammer-Präsident Walter Dorner zeigen die Ergebnisse "eindeutig, dass akuter Handlungsbedarf besteht". Er spricht sich erneut dafür aus, das Rauchen aus der Gastronomie zu verbannen: "In einem modernen Gesundheitswesen führt daran kein Weg vorbei."

Reaktion

"Die Ergebnisse dieser Studie sind nicht repräsentativ", entgegnet Helmut Hinterleitner, Fachverbandsobmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich: "Es gibt 70.000 Lokale in Österreich." Insgesamt drei Studien würden belegen, dass nahezu drei Viertel der Bevölkerung mit der aktuellen Situation zufrieden seien und zwei Drittel die derzeitige Regelung einem generellen Rauchverbot in der Gastronomie vorziehen würden. In der Kammer zweifelt man auch an, dass 61 Prozent der 88 untersuchten Betriebe Bestimmungen des Tabakgesetzes nicht einhalten: "Das sind behördlich nicht überprüfte Mutmaßungen." Die Ärztekammer solle nicht das Tabakgesetz torpedieren sondern die Prävention verbessern, damit weniger Jugendliche mit dem Rauchen beginnen.