Wo Hobbygärtner Raritäten finden
Von Ute Brühl
Eine Thuje hat fast jeder in seinem Garten: Die Konifere ist praktisch, wächst schnell und gilt als preiswertes Grün. Aber bitte! Wer will schon einen Garten sein eigen nennen, wie ihn jeder hat? Wer etwas auf sich hält, pflanzt Sträucher, Blumen und Stauden, die den Neid im Nachbarn wecken.
Bleibt nur die Frage, wie der Hobbygärtner an so ein außergewöhnliches Pflänzchen gelangt. Ganz einfach: Er besucht dieses Wochenende, 7. bis 9. April, die Raritätenbörse im Botanischen Garten der Uni Wien. An die hundert Aussteller bieten ihre Besonderheiten an. Michael Kiehn, Leiter des Botanischen Gartens, stellt mit Freude fest, dass sich die Gartenfreunde am Freitag trotz des kalt-nassen Wetters nicht von einem Besuch abhalten ließen.
Besonders angetan sind heuer viele von den Pfingstrosen: "Neben den Stauden sind Strauchpfingstrosen, in denen die Art Paeonia rockii eingekreuzt ist, angesagt." Eine Prachtpflanze für Heimatverbundene – wurde sie doch nach dem Wiener Botaniker und Ethnologen Joseph Franz Karl Rock (1884–1962) benannt. Noch heute gibt es zu seinen Ehren einen kleinen Garten bei der Mölkerbastei im 1. Bezirk Wiens.
Gut beraten
Was den Reiz der Raritätenbörse ausmacht: "Die Beratung steht bei uns im Mittelpunkt", betont Kiehn. "Wir informieren, welche Pflanze für welchen Standort geeignet ist und von welchem man lieber die Finger lassen sollte." Beispiel gefällig? Die kanadische Goldrute, das großblättrige Springkraut und der Riesenbärenklau sind invasive Arten, die einheimische Gewächse verdrängen. Dennoch werden sie nach wie vor in österreichische Gartencentern verkauft. Stattdessen kann man auf der Börse Exotisches erwerben, das noch wenig bekannt, aber dennoch guten Gewissens angebaut werden kann, etwa die Kamtschatkabeere, die vom Aussehen und Geschmack an eine Heidelbeere erinnert, und aus Sibirien stammt.
Selbst Trüffelfans erleben beim Gang durch die Pflanzenbörse eine schöne Überraschung: Sie können Bäume erwerben, an deren Wurzeln Trüffel aufgepflanzt sind. Wer einen grünen Daumen und den perfekten Standort hat, kann die edlen Pilze in ein paar Jahren ernten. Damit noch lange nicht genug. Das Sortiment reicht von Apfelbäumchen über Kakteen und Karnivoren bis zu Zwiebelraritäten.
Apfelsorten
Apropos Äpfel: Einst gab es in Österreich Hunderte Sorten von Apfel- und Birnenbäumen. Wer heute in den Supermarkt geht, findet gerade einmal fünf oder sechs Apfelsorten. "Eine Verarmung", bedauert Kiehn. Obstbauern denken wirtschaftlich und achten auf Lagerung und Ertragssicherheit, weshalb alte Sorten wie der Maschansker-Apfel nur noch ab und zu in der Steiermark zu finden sind.
Dass die Nachfrage nach solchen Sorten groß ist, zeigt sich an den Besucherzahlen der Raritätenbörse: "Vergangenes Jahr zählten wir 30.000 Besucher in drei Tagen – und das, obwohl wir keine Werbung machen – alles nur Mundpropaganda", freut sich Kiehn. Allerdings hat der Garten dadurch gelitten, "um den Ansturm etwas zu drosseln, verlangen wir heuer 5 Euro Eintritt."
Mit der Veranstaltung verfolgen die Botaniker der Uni Wien noch ein Ziel: Sie wollen ihre Forschung der Öffentlichkeit erklären. "Dazu haben wir eine Menge Projekte, etwa die Grüne Schule sowie Programme für jedes Alter."