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Foto der Republiksausrufung: Der Mann, der den Umbruch knipste

An seinen Bildern kam dieser Tage keiner vorbei. Überall in den Medien waren sie zu sehen. Der Mann, der sie machte, war aber ein Unbekannter. Lange wusste niemand, dass das berühmteste Foto der Ausrufung der Ersten Republik (siehe unten) von Richard Hauffe stammt.

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Als der KURIER dem Fotografen des Umbruchs vor einem Monat eine Cover-Geschichte in Mein Sonntag widmete (siehe Bild unten), konnte selbst Fotohistoriker Anton Holzer nur wenig über den Mann erzählen: „Hauffe, sicherlich ein politischer Mensch, hat in der Wiener Neustiftgasse 78 im 3. Stock gewohnt. Dort hat er seine Bilder wohl im Badezimmer entwickelt und ist dann damit bei den Zeitungen hausieren gegangen“, erzählte er damals über den wohl bedeutendsten Fotografen der Umbruchszeit. Und er bat den KURIER einen Aufruf zu machen, ob irgendjemand mehr über Hauffe wisse.

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Mit Erfolg: „Es ist eine kleine Sensation – seine Enkelin hat sich auf den Artikel hin bei mir gemeldet. Ganz aufgeregt, weil sie die Bilder nicht kannte, die derzeit in einer Ausstellung im Wien Museum gezeigt werden. Aber auch, weil Sie hochinteressantes biografisches Material hat – ein Tagebuch, Porträtfotos von ihm und seiner Frau, die Federschmückerin war“, erzählt Fotohistoriker Holzer.

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Zur Person

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Richard Hauffe, geboren 1878 in Wien, war der Sohn eines Drechslermeisters, erlernte das Buchbindergewerbe und heiratete 1902  eine Federschmückerin aus Mähren, die in Wien ein Hut-Atelier  betrieb. Schon als 17-Jähriger dürfte er die Fotografie für sich entdeckt haben, jedenfalls datiert das früheste bekannte Reportagefoto aus 1895.

Im Jahr 1929 hat er das Fotografengewerbe abgemeldet: Bei einem Radausflug holte er sich eine schwere Verkühlung, als er seine Füße in einen eiskalten Bach tauchte und einschlief. Ein Herzbeutelentzündung machte ihn bettlägrig. 1933 verstarb er im Alter von 55 Jahren.


Foto-Premiere

Gute zwölf Monate – von Oktober 1918 bis Ende 1919 – dauerte die politisch turbulente Epoche, in der in Österreich die politischen Weichen neu gestellt wurden. Immer mit dabei: Die Fotojournalisten. „Es gab nie zuvor einen Regimewechsel, der sich vor den Augen der Kameras abgespielt hat. Jetzt sind die Kameras da und schauen zu, wie der Kaiser geht und das demokratische Regime kommt“, erzählt Holzer. Und weiter: „Hauffe hat den Kaiser vor dem Ersten Weltkrieg immer wieder fotografiert, noch als Amateur, das belegen die jetzt aufgetauchten Bilder.“

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Elisabeth Edlbacher, Hauffes Enkelin, besitzt die Alben und erzählt: „Ich wusste, dass er als Fotograf unterwegs war, das hat mir mein Vater erzählt. Er zeigte mir die Kaiserbilder meines Großvaters.“ Dass er auch alle berühmten Bilder der Stunde Null gemacht hat, war Edlbacher aber völlig neu.

In den ersten Novembertagen war das im Krieg etablierte System des Bildervertriebs über das k.u.k. Kriegspressequartier zusammengebrochen. Um diesen Verlust zu kompensieren, musste rasch Ersatz gefunden werden. Daher schaltete die Illustrierte Wiener Bilder zwei Tage vor der Ausrufung der Republik eine Annonce, in der Amateurfotografen eingeladen wurden, Bilder von aktuellen Ereignissen einzuschicken. Holzer vermutet, dass Hauffe einer derjenigen war, die sich meldeten. „Im November 1918 dürfte er beschlossen haben, sich als Fotograf selbstständig zu machen.“

Als Amateurfotograf hatte er Erfahrungen im Pressebereich gesammelt. Hauffe hat regelmäßig Bilder an die größte, älteste (seit 1895) und wichtigste Fotoagentur Lechner geliefert, die die Bilder – wie damals üblich – ohne Nennung des Fotografennamens veröffentlichte. Das erklärt auch, wieso Hauffe, der genau am Tag der Ausrufung der Republik (am 12. November 1918) als selbstständiger Fotojournalist begann, von Anfang an höchst erfolgreich war. 1918/19 gelang es ihm als Einzigem, Zugang zum Kabinett Renner zu bekommen. Nur er erhielt die Erlaubnis, die erste republikanische Regierung unter Karl Renner zu fotografieren.

In den 1920er Jahren war Hauffe, – übrigens ein sehr geschickter Netzwerker – einer der wichtigsten Wiener Pressefotografen, mit breitem Themenspektrum: Er dokumentierte politische Ereignisse genauso wie Sportveranstaltungen (z. B. Boxkämpfe) und kulturelle Themen. „Hauffe war ein passionierter Radfahrer (siehe Bild unten). Schnelligkeit war für die Fotografen damals das Um-und-Auf. Und Hauffe hat die Bilder wohl per Fahrrad in die Redaktionen geliefert“, erzählt Holzer.

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„Plötzlich bekommt dieser Fotograf ein Gesicht. Die Familie kannte den privaten Teil der Lebensgeschichte, wussten aber nichts über die Bedeutung von Richard Hauffe als Fotograf des Umbruchs. Jetzt gehen zwei Hälften zusammen.“

  • Die erkämpfte Republik: Noch bis 3. Februar 2019 zeigt das Wien Museum Karlsplatz in einer Fotoausstellung großteils unbekannte Bilder aus der Anfangszeit der Republik. Im Mittelpunkt steht das  kleine, aber wichtige Werk des bedeutendsten Fotografen der  Umbruchszeit, Richard Hauffe