Keine Potenz durch Nashorn-Hörner
Von Ernst Mauritz
W enn Sie zu Mittag ein Stück von einem weichen Hendlknochen essen ist der Effekt derselbe wie bei Nashornpulver: Sie essen vorwiegend Kalk. Auf eine potenzfördernde oder andere Wirkung - etwa gegen Krebs - zu hoffen, das ist reiner Aberglaube aus dem Mittelalter." Das sagt der Pharmazeut Andreas Mayrhofer von der Arzneimittelbehörde AGES-PharmMed. Die zwei Diebstähle von Rhinozeros-Hörnern diese Woche in Wien - der KURIER berichtete - waren kein Einzelfall: Allein seit Anfang Juni gab es in europäischen Museen mindestens fünf Horndiebstähle.
"Es ist erschütternd, dass Geldgier auf so viel Unwissenheit trifft", sagt auch die Sexualmedizinerin Elia Bragagna. "Dahinter steckt ein magisches Denken." Potenzmittel stehen an erster Stelle der von österreichischen Behörden sichergestellten gefälschten Arzneimittel.
"Mit Hornmehl hatten wir nur einmal zu tun", erzählt Mayrhofer: "Mit Abstand am häufigsten ist die Fälschung des Viagra-Wirkstoffes Sildenafil. Man schätzt, dass heute auf ein echtes Viagra bereits ein bis drei nachgemachte kommen.
Verunreinigt
Häufig seien diese Präparate mit Umweltgiften und Schwermetallen verunreinigt: "Und die Dosis ist meist falsch - häufiger zu hoch als zu niedrig." Spitzenreiter war eine Sildenafil-Einzeldosis von 650 mg in einer Trinkampulle. Die höchste Dosierung legaler Viagra-Tabletten: 100 mg.
Doch damit nicht genug: "Weltweit sind bereits 44 illegale, nicht zugelassene Derivate (Abkömmlinge, Anm.) von Sildenafil nachgewiesen", erzählt Mayrhofer.
Auch auf vermeintlich harmlose Kräuterkapseln sollte man nicht vertrauen - trotz Aufschriften wie "all natural chinese herbal formula": Denn die sind häufig mit solchen
Designer-Wirkstoffen versetzt.
"Die Hersteller wissen ja auch, dass sie Kunden verlieren, wenn sie ihnen nur chinesischen Knöterich verkaufen. Da kann man gleich Brennnesseltee trinken." Vorsicht ist überdies bei in Sexshops angebotenen Mitteln angebracht.
Lebensgefährlich
So wird als Aphrodisiakum das Pulver metallisch grüner, zermahlener Käfer ("Spanische Fliege") angeboten. "Wir haben in den vergangenen zwei Jahren zehn Proben aus Sexshops analysiert: Es waren immer nur Placebos, nie fanden wir den in dem Käfer enthaltenen Wirkstoff Cantharidin."
Was auch besser so ist: Cantharidin kann zwar die Harnwege reizen und so eine Erektion auslösen - eine zu hohe Dosis ist allerdings lebensgefährlich. Mayrhofer: "Der Marquis de Sade hat auf seinen Partys das Pulver der Spanischen Fliege in die Speisen gemischt, um zu sehen, wie die Leute reagieren - dabei gab es Todesfälle."
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