Internet kann Leben retten
Von Ernst Mauritz
Es war die drittgrößte Tornado-Serie in den USA: Mehrere Dutzend dieser Wirbelstürme zogen im April 2011 über den Südosten: 338 Menschen starben, 247 davon im Bundesstaat Alabama. Eine Studie der MedUni Wien in Kooperation mit der US-Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) könnte dazu beitragen, dass sich bei künftigen Naturkatastrophen viele Menschen besser schützen. Die Ergebnisse sind auch für Österreich von Bedeutung.
Niederkrotenthaler und seine Mitarbeiter suchten 39 Spitäler auf und analysierten 1350 Krankengeschichten von Patienten, die durch Tornados verletzt wurden. Anschließend führten sie 100 Interviews mit Verletzten und 200 mit Unverletzten. Dabei zeigte sich, dass die Nutzung von Medien Leben retten kann:
– Menschen, die während der Tornado-Serie intensiv Medien im Internet bzw. Social Media wie Twitter oder Facebook nutzten, hatten ein um 80 Prozent geringeres Verletzungsrisiko gegenüber Menschen, die das nicht taten. „Der genaue Pfad eines Tornados lässt sich oft erst 15 bis 30 Minuten vor ihrem Eintreffen vorhersagen.“
–Bei TV-Nutzern war das Risiko um 50 Prozent reduziert.
Richtlinien geändert
Und es gab noch zwei weitere wichtige Erkenntnisse:
– 20 bis 30 Prozent aller Verletzungen passierten erst nach dem Durchzug der Tornados: Durch Unfälle bei den Aufräumarbeiten (häufig mit Kettensägen) oder umstürzende Bäume bzw. herabfallende Gegenstände.
–In einem kleinen Raum ohne Fenster (meist Bad oder WC) war der Schutz annähernd so gut wie in einem Keller (den es gerade in den USA bei vielen Gebäuden aber nicht gibt).
Die Studie ist jetzt im Top-Wissenschaftsjournal PLOS ONE erschienen. Die Ergebnisse haben bereits zu Konsequenzen geführt: In die Leitlinien der US-Gesundheitsbehörde zum Schutz vor Tornados wurde jetzt die Nutzung der neuen Internet-Medien zusätzlich aufgenommen – und die Empfehlung, das TV-Gerät aufzudrehen, verstärkt. Die Schutzfunktion von fensterlosen Räumen wurde unterstrichen. Neu hinzugekommen sind Empfehlungen zum Schutz vor nachträglichen Verletzungen.
„Durch den Klimawandel nimmt die Gefahr von Tornados und anderen Umweltkatastrophen weltweit zu“, sagt Niederkrotenthaler. „Von den 212 Todesopfern in Alabama erreichten die meisten kein Krankenhaus mehr. Das zeigt, wie wichtig das persönliche Verhalten ist – egal ob bei Tornados oder andere Naturgewalten.“