Wissen

Die Österreicher schlafen immer schlechter

Ein Drittel unseres Lebens verbringen wir schlafend - die Menschen in Österreich schlafen pro Nacht im Schnitt sieben bis acht Stunden, an Arbeitstagen etwas kürzer, dafür am Wochenende länger. Eine große repräsentative Online-Umfrage (1.000 Personen in ganz Österreich im Alter von 18 bis 65 Jahren) der MedUni Wien hat die Schlafgewohnheiten der Österreicher abgefragt. So zeigt sich, dass 38 Prozent der Befragten regelmäßig untertags ein Nickerchen halten. Das gaben im Vergleich dazu bei einer ähnlichen Umfrage im Jahr 2007 nur 23 Prozent an.

Im Vergleich zum Jahr 2007 gibt es aber eine deutliche Zunahme an Schlafproblemen. So klagen 30 Prozent der Befragten über regelmäßige Einschlafstörungen (vgl. sechs Prozent mit Einschlafstörungen 2007). "Von Einschlafstörungen sprechen wir, wenn man regelmäßig nachts länger als 30 Minuten zum Einschlafen braucht", erklärt Studienleiter Stefan Seidel vom Schlaflabor der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien/AKH Wien. Er hat gemeinsam mit seinem Kollegen Gerhard Klösch (ebenfalls Neurologie) und der Epidemiologin Eva Schernhammer von Zentrum für Public Health der MedUni Wien die Umfrage durchgeführt. Mit 51 Prozent ist die so genannte Durchschlafstörung, wenn man nachts öfter grundlos aufwacht und sich herumwälzt, noch häufiger (vgl. 26 Prozent mit häufigen nächtlichen Aufwachreaktionen 2007).

Grübeln und "nicht Runterkommen"

Die Ursachen dafür sind ähnlich: Meistens ist es eine innere Unruhe, die uns nicht schlafen lässt. "Das bekannte Grübeln, Nicht-Runterkommen und Probleme wälzen ist die häufigste Ursache für Schlafstörungen", erklärt Seidel, "dann erst kommen andere seltenere Faktoren ins Spiel wie Angst oder Schmerzen". Regelmäßig unausgeschlafen zu sein sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. 50 Prozent der Betroffenen sind tagsüber in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt. Neben Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Gereiztheit kann das auch körperliche Beschwerden wie zum Beispiel Magen-Darm-Probleme hervorrufen. "Schlaf ist für die Stoffwechselregulation und ein ausgewogenes Wachstum bei Kindern unerlässlich. Es gibt eine Verbindung zwischen Schlafdauer und Fettleibigkeit bei Kindern", sagten heute auch Experten der "Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung". Schlafprobleme würden nahezu epidemiologische Ausmaße erreichen und die Lebensqualität von mittlerweile 45 Prozent der Weltbevölkerung beeinträchtigen. Das verursache Kosten von 92,5 bis 107,5 Billionen US-Dollar weltweit.

Im Fokus: Zirkadiane Rhythmen

Um Schlafstörungen vorzubeugen, ist es wichtig, zirkadiane Rhythmen einzuhalten. Diese sind auch das heurige Motto des "Weltschlaftages". Es handelt sich dabei um zyklische Events im Körper, wie etwa dem Rhythmus von Hormonen, der Körpertemperatur oder dem Aufmerksamkeitslevel. Die "innere biologische Uhr" ist für diese Rhythmen verantwortlich, auch Sonnenlicht gilt hier als wichtiger Zeitgeber. Die Forschung zeigt, dass das Einhalten dieser Rhythmen das Risiko für Schlafstörungen senkt.

Dr. Brigitte Holzinger vom Institut für Bewusstseins- und Traumforschung macht in diesem Zusammenhang auf die Folgen von Schichtarbeit aufmerksam: "Fokussiert auf die Arbeitswelt, in der sehr hohe Leistungsanforderungen gefragt sind, wodurch man kaum Freizeit und Zeit für die Familie hat, man ständig erreichbar sein soll und seine sozialen Kontakte vernachlässigt, kommt auch der Schlaf zu kurz. Vor allem bei Schichtarbeitern, die nachts öfters arbeiten müssen, ist das zu beobachten." Deren unregelmäßige Arbeitszeiten hätten negative Effekte auf das psychologische und körperliche Wohlbefinden, da keine Regelmäßigkeiten beim Einschlafen, den Einschlafzeiten oder den Aufwachzeiten gefunden werden können. Die "innere Uhr" kommt durcheinander. Dreiviertel der Schichtarbeiter hätten mindestens einmal pro Woche Schlafprobleme, vielfach kommt es zu Tagesmüdigkeit. Schlafcoaching kann hier hilfreich sein.

Tagesmüdigkeit und ihre Ursachen

Phasen der Müdigkeit tagsüber deuten nicht unbedingt auf einen krankhaften Zustand hin. So sorgt der natürliche biologische Rhythmus z.B. für das so genannte "Nachmittagstief". Aber "wenn man tagsüber plötzlich einen zwingenden Schlafdrang hat und sich sofort hinlegen muss oder wenn man in sozial problematischen Situationen einschläft, dann sollte man sich medizinisch untersuchen lassen", rät Seidel. Nur 16 Prozent der Menschen mit Schlafproblemen haben deswegen schon medizinische Hilfe in Anspruch genommen. Oft helfen leichte Schlafmittel auf pflanzlicher Basis, wie etwa Baldrian, oder auch Entspannungsübungen.