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Aids: "Mich wird’s schon nicht treffen"

Manchmal ergibt sich in den Gesprächen von Oberärztin Brigitte Schmied vom Wiener Otto-Wagner-Spital mit ihren HIV-Patienten die Frage: „Warum haben Sie sich nicht früher dafür interessiert, wie Sie sich schützen können?“ Die Antwort lautet oft: „Ich habe mir gedacht, dass es mich nicht treffen wird.“
Viele Experten warnen anlässlich des heutigen Welt-Aids-Tages (1. 12.) vor einer Kondommüdigkeit. „Einerseits ist es gut, dass sich das Bild von HIV und Aids in der Öffentlichkeit normalisiert, aber andererseits wird eine HIV-Infektion viel zu oft auf die leichte Schulter genommen“, sagt Isabell Eibl, Leiterin der Präventionsabteilung der Wiener Aidshilfe.

„Auch wenn man eine HIV-Infektion heute behandeln kann: Es ist sicher einfacher, keine zu riskieren“, sagt Schmied. „Es gibt viele Begleiterkrankungen und die Therapie ist nach wie vor eine Herausforderung.“ Ganz generell verkompliziere sich das Leben mit HIV: „Wie sage ich es meinem Partner? Wie sage ich es einem neuen Partner?“ Und immer noch hätten viele Betroffene Probleme im Berufsleben.

Sorglose sind älter

Sexualpädagogin Sabine Ziegelwanger von der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF) sieht zumindest bei den ersten sexuellen Kontakten keinen Trend weg von Safer Sex – im Gegenteil: Laut einer Umfrage unter 14- bis 17-Jährigen in Deutschland ist der Einsatz eines Kondoms beim ersten Mal seit Anfang der 90er-Jahre deutlich gestiegen – von damals rund 60 auf heute an die 75 Prozent aller Jugendlichen. Erst mit zunehmendem Alter nehme die Sorglosigkeit zu: „Deshalb müssen wir in unserer Präventionsarbeit in Zukunft auch die Erwachsenen viel besser erreichen.“
Dabei dürfe auch nicht nur mit Angst und Schrecken gearbeitet werden, sagt Ziegelwanger, die auch Schulworkshops organisiert: „Das führt zur Passivität, zum Kopf-in-den-Sand-Stecken und zur Haltung, ,mich wird es schon nicht treffen‘.“

Wichtig sei auch die Einstellung der Eltern: „Sie sollten den Kindern einen lustvollen und verantwortungsbewussten Umgang mit ihrem Körper vermitteln – und Sexualität als etwas Positives, das ich bewusst gestalten kann. Das stärkt auch das Bewusstsein für Prävention.“
„Wir versuchen Jugendlichen in unseren Schulwork¬shops zu vermitteln, dass sie Verantwortung übernehmen müssen – und zeigen ihnen auch praktisch, wie das geht – etwa mit einem Kondomtraining“, sagt Eibl. Die Angstkeule bringe nichts: „Sie Verhindert eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema und führt zur Verdrängung.“
 

Auch bei den besten Präventionskampagnen werde es immer Menschen geben, die kein Kondom verwenden, sagt Life-Ball-Gründer Gery Keszler. Deshalb sei es wichtig, sich regelmäßig untersuchen zu lassen – „so wie bei einer Gesundenuntersuchung“. – Doch diese Tests und entsprechende Angebote müssten zielgerichtet erfolgen, betont Isabell Eibl von der Aidshilfe. Eine großflächige Testung der Allgemeinbevölkerung Österreich sei nicht effektiv.
Das wird auch in einer Studie des Ludwig Boltzmann Institutes für „Health Technology Assessment“ festgestellt: Demnach ist Österreich europäischer Spitzenreiter bei HIV-Tests: Auf 1000 Einwohner werden 99 Tests durchgeführt, in Frankreich etwa sind es 77, in Belgien 60. Die Mehrheit dieser Tests dürfte in Krankenhäusern veranlasst werden. Da in Österreich aber nur 0,1 Prozent der Bevölkerung mit dem HI-Virus infiziert sind, wird laut internationalen Empfehlungen eine breite HIV-Testung der Allgemeinbevölkerung nicht empfohlen. Viele Experten halten es für besser, mehr Testangebote für Risikogruppen – z. B. mit riskantem Sexualverhalten – anzubieten.
 

Die unheilbare Krankheit Aids wird durch das Humane Immunschwächevirus (HIV) verursacht. Es wird vor allem durch ungeschützten Geschlechtsverkehr und infizierte Injektionsnadeln übertragen. Das Virus ist sehr wandlungsfähig. Der Erreger legt unter anderem bestimmte Immunzellen lahm. Deshalb kann das Abwehrsystem des Körpers Krankheitserreger wie Bakterien und Viren nicht mehr wirkungsvoll bekämpfen. Selbst an sich harmlose Infektionen können so zur tödlichen Bedrohung werden.

Nach einer erkannten HIV-Infektion lassen sich Ausbruch und Symptome von Aids ("Acquired Immune Deficiency Syndrome", erworbene Immunschwäche) in Industrieländern heute mit verschiedenen Medikamenten bekämpfen. Sie verhindern die Vermehrung des Erregers im Blut, können ihn aber nicht aus dem Körper entfernen. Lebensqualität und Lebenserwartung von Patienten sind durch diese Therapien deutlich gestiegen. Da es die Medikamente aber erst seit rund 15 Jahren gibt, können Forscher Langzeiterfolge noch nicht einschätzen.

1. Dezember 2012 - Together 2012 - Open House zum Welt-AIDS-Tag
2012 feiert das Aids Hilfe Haus in Wien-Mariahilf seinen 15. Geburtstag. Das wird am 1. Dezember, am Weltaidstag, mit einer Party gefeiert. Unterhalten werden unter anderem Tanz Baby! und Herr Tischbein, die aus Dänemark angereisten DRAGqueens.dk, Tamara Mascara und Katrinka Kitschovsky und ihre zärtlichen Cousinen. Einlass 20:00 Uhr, Ort Aids Hilfe Haus, Mariahilfer Gürtel 4, 1060 Wien, Eintritt: Vorverkauf: € 12,--, Abendkassa: € 14,--

4. Dezember 2012 - "Mapping Africa. Von Wien nach Afrika und zurück." Eine Initiative von Frauen lesen gegen AIDS
Bereits zum achten Mal wird heuer aus Anlass des Internationalen Welt-AIDS-Tages die Veranstaltung "Frauen lesen gegen AIDS" stattfinden; heuer unter dem Titel "Mapping Africa. Von Wien nach Afrika und zurück".
Zeit 19:00 Uhr, Ort ega – Frauen im Zentrum, Windmühlgasse 26, 1060 Wien, Eintritt: frei

6. Dezember 2012  - "Jam Jam. Leben und leben lassen."
In Kooperation mit dem Verein Schmetterling veranstaltet die Aids Hilfe Wien ein Benefizevent. Dabei sein werden diverse Dancehall-, Reggae-, HipHop- und Soul-MusikerInnen afrikanischer und österreichischer Herkunft.
Zeit 21:30 Uhr, Ort Reigen, Hadikgasse 62, 1140 Wien, Eintritt: bis 24 Uhr € 7,00; danach € 10,00

18. bis 23. Dezember 2012 - Karitativer Weihnachtsmarkt
Auf dem von der Österreichischen Kontrollbank in der Wiener City organisierten Adventmarkt betreiben KlientInnen und ehrenamtliche MitarbeiterInnen der Aids Hilfe Wien einen Verkaufsstand zu Gunsten Betroffener. Verkauft werden von Betroffenen hergestellte Waren, wie z.B. Gestricktes, Seifen, Billets etc.
Ort Freyung, 1010 Wien

Mehr Informationen zu den Veranstaltungen gibt es unter www.aids.at.