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Ab heute gibt’s die Gratis-Zahnspange

In der Zahngesundheit gab es in den vergangenen Jahrzehnten wenig neue Sachleistungen durch die Kassen. Mit heute, 1. Juli, werden nun aber in bestimmten Fällen die Kosten für medizinisch notwendige Zahnspangen und frühe kieferorthopädische Behandlungen übernommen. "Ein großer Fortschritt", so Krankenkassen und Zahnärztekammer.

Immerhin kostet eine Zahnspange bis zu 5000 € – besonders für einkommensschwache Familien ein Kraftakt.

Welche Arten von Zahnspangen es am Markt gibt:

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Gratis - aber nicht für alle

"Nun ist in der Versorgung ein Lückenschluss gelungen", sagt Albert Maringer, Obmann der OÖ Gebietskrankenkasse und einer der Chefverhandler. Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser sprach von einem "Meilenstein für die Zahngesundheit". 80 Mio. Euro wurden budgetiert. Die "Gratis-Zahnspange für alle" gibt es aber trotzdem nicht, betonte Thomas Horejs von der Zahnärztekammer. "Es geht um eine medizinische Leistung, nicht um eine kosmetische."

Aber auf wen tritt das zu? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wer hat Anspruch auf die sogenannte "Gratis-Zahnspange"?

Kinder (6 bis 12 Jahre) und Jugendliche (12 bis 18 Jahre) mit schweren und schwersten kieferorthopädischen Fehlentwicklungen bzw. Fehlstellungen. Laut derzeitiger Schätzung betrifft das 30.000 Kinder und Jugendliche, davon 22.500 älter als zwölf Jahre. Besonders bei kleineren Kindern biete die Kieferorthopädie Vorteile, sagt die Wiener Expertin Eva-Maria Höller. "Man kann bereits im Kieferwachstum eingreifen und erspart sich dadurch möglicherweise Eingriffe, die später nur chirurgisch möglich sind."

Wie und durch wen wird der Grad der Fehlstellung diagnostiziert?

Der (Familien-)Zahnarzt überweist bei Bedarf einer Regulierung an den Kieferorthopäden. Dieser stellt die medizinische Notwendigkeit mithilfe einer international üblichen Klassifizierung, dem "Index of Orthodontic Treatment Need" (kurz IOTN), fest. Der Index teilt die Abweichungen von der Zahn-Norm in fünf Grade. Liegt IOTN 4 oder IOTN 5 vor, werden die Kosten für eine Behandlung ohne Vorbewilligung von den Kassen übernommen. "Damit ist gewährleistet, dass eine medizinische Leistung nötig ist", erklärt Bernhard Wurzer vom Hauptverband.

Bei IOTN 1, 2 oder 3 gelten die bisherigen Regelungen – Eltern können um Kostenzuschüsse (im Schnitt ca. 400 €) zu Zahnspangen oder kieferorthopädischen Maßnahmen ansuchen.

Was sind die häufigsten behandlungsbedürftigen Fehlstellungen?

Dazu zählen Kieferengstände, fehlende oder überzählige Zähne, Frontzahnstufen (Oberkiefer ragt wegen zu kleinem Unterkiefer mehrere Millimeter vor), Tief- Vor- oder Kreuzbiss und offener Biss.

Werden alle am Markt erhältlichen Varianten von Zahnregulierungen bezahlt?

Nein. Bei einem Leistungsanspruch werden in der Altersgruppe der Zwölf- bis 18-Jährigen festsitzende Zahnspangen (Metall-Brackets mit Gummizügen) bezahlt. Fast unsichtbare Kunststoffschienen oder innenliegende Brackets zählen nicht dazu. Bei den kleineren Kindern wird mit abnehmbaren Zahnspangen (interzeptive Geräte) versucht, das noch leichter formbare Kiefer zu korrigieren. Höller nennt ein Beispiel: "Beim Kreuzbiss eines Frontzahns wird damit das Oberkiefer in seinem Wachstum gehemmt."

Wer führt die neue Kassenbehandlung durch?

Österreichweit wurden 180 Kassenstellen geschaffen, 150 Verträge sind bereits unterzeichnet Eine Liste finden Sie hier. Diese Vertragsärzte müssen eine mindestens 70-prozentige Erfolgsquote nachweisen. Unter die Leistungen fallen übrigens auch zwei Reparaturen der Zahnspange.