10 Jahre Verhütungsmuseum: Aufklärung mangelhaft
Von Nina Horcher
Heute feiert das Museum sein zehnjähriges Bestehen – und noch immer werden Frauen mit dem Thema Verhütung häufig alleine gelassen: „Bis heute gibt es eine Diskussion über die rezeptfreie Pille danach. Wenn eine Frau eine Schwangerschaft mit Tabletten aus dem Internet selbst abbricht, riskiert sie damit, für ein Jahr ins Gefängnis zu kommen, denn ein Schwangerschaftsabbruch ist in Österreich noch immer im Strafgesetz verankert“, klagt Gynäkologe und Leiter des GynMed Ambulatoriums Christian Fiala, der das Museum vor zehn Jahren gegründet hat. Die Hauptmotivation sei „zu verhindern, dass Frauen noch immer ihr Leben oder ihre Gesundheit riskieren.“
Der Weg zur Selbstbestimmung der eigenen Fruchtbarkeit war für Frauen ein langer und oftmals auch sehr gefährlicher. „Ohne Verhütung würde eine Frau im Laufe ihrer fruchtbaren Jahre ungefähr 15 Mal schwanger werden“, schätzt Fiala. Erst mit dem Aufkommen der Pille in den 60er Jahren wurde ein wichtiger Schritt in Richtung Selbstbestimmung gemacht.
Kreative und gefährliche Maßnahmen
Von Fischblasen-Kondomen aus dem alten Ägypten bis hin zu Stricknadeln oder Coca-Cola und Zitrone – die Bandbreite an kreativen und sehr gefährlichen Methoden, die im Museum zu sehen sind, ist groß. Rund 2.100 Objekte, 1.000 Bücher und 600 Fachartikel umfasst die multimediale Sammlung auf 120m² in der Nähe des Wiener Westbahnhofs. Fiala betrachtet das Museum auch als sexualpädagogisches Aufklärungsprojekt, das von hoher gesellschaftlicher Relevanz ist. Das MUVS dokumentiert diesen Kampf um die Kontrolle der eigenen Fruchtbarkeit – und klärt auch Schulklassen auf: „In Workshops können Schüler lernen, wie man sich selber schützen kann. Das nehmen junge Erwachsene ernst, sobald sie eine eigene Sexualität entwickeln“, so Fiala. In den Schulen werde der Sexualunterricht noch immer zu sehr vernachlässigt.
Abtreibungen könnten reduziert werden
Der Idee zur weltweit einzigartigen Einrichtung liegt eine tragische Geschichte zugrunde. Eines der ersten Objekte, die Fiala aus Interesse gesammelt hat, waren Holzstäbchen, die in Uganda von Frauen zur Abtreibung benützt wurden: „In der Notaufnahme gab es eine Plastikbox, in der alle Gegenstände aus Gebärmütter von Frauen aufgehoben wurden.“ Er selbst realisierte dadurch die Verzweiflung der Frauen, die täglich behandelt werden mussten.
In Österreich ist der Schwangerschaftsabbruch seit 1975 ärztlich freigegeben. Jährlich werden hierzulande etwa 30.000 Abtreibungen vorgenommen – mehr als im europäischen Durchschnitt. Fiala ist der Meinung, das liege auch an den hohen Selbstkosten bei Verhütungsmitteln: „Die Menschen würden besser verhüten, wenn die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. Es würde jährlich etwa 10.000 Schwangerschaftsabbrüche weniger geben.“