Wirtschaft

Wie sich Otto und Universalversand gegen Alibaba stemmen

Die Unito-Versandhandelsgruppe (Universalversand, Otto, Quelle) muss sich neu erfinden, findet Vorstandschef Harald Gutschi. Und das, obwohl das Tochterunternehmen der deutschen Otto-Group im Vorjahr ein Umsatzplus von 21,2 Prozent auf 415 Millionen Euro eingefahren hat – und damit das achte Wachstumsjahr in Folge hatte.

Um das Wachstum abzusichern, kündigt Gutschi „den größten Umbau der Unternehmensgeschichte“ an. Der Versandhändler will künftig nicht nur davon leben, dass er Waschmaschinen, Sommerkleider oder Wohnlandschaften teurer verkauft als er sie einkauft. „Wir wollen binnen fünf Jahren eine Liftstyle-Plattform werden, auf der Firmen ihre Sortimente verkaufen und vermarkten.“ Sprich: Unito will Dienstleistungen wie Marketing, Logistik, Services wie die Auswertung von Klicks oder auch Lagermöglichkeiten anbieten und dafür Provision kassieren. Was nach einem Angebot für kleine Händler und Produzenten klingt, die sich selbst nicht die nötige IT und Logistik für das große Versandhandelsgeschäft leisten können, wird im ersten Schritt aber vor allem ein Angebot für die großen Marken sein. Gutschi will bis 2020 fünf Millionen Artikel im Sortiment haben, also doppelt so viele wie heute.

„Fühle mich verarscht“

Das ist ganz klar eine Kampfansage gegen den US-Versandhandelsriesen Amazon und den Gegenspieler aus China, Alibaba. „2017 kamen 560 Millionen Pakete aus China nach Europa, davon rund 80 Prozent über AliExpress“, rechnet Gutschi vor. Was ihn daran besonders ärgert: „97 Prozent der Pakete kommen in die EU, ohne dass Zoll und Mehrwertsteuer abgeführt werden.“

Hintergrund: Unter einem Warenwert von 22 Euro dürfen Pakete steuerfrei in die EU eingeführt werden, unter 150 Euro entfällt der Zoll. Gutschi hofft, dass diese „unglaubliche Wettbewerbsverzerrung“ von politischer Seite ausgemerzt wird, schließlich sei AliExpress schon jetzt in allen EU-Ländern unter den am häufigsten geklickten Plattformen. Nach Österreich kommen laut Schätzungen rund sechs Millionen Pakete und Briefsendungen aus China – freilich auch oft an der Mehrwertsteuer vorbei. Gutschi: „Als Unternehmer, der hundert Millionen Euro Steuern in Österreich zahlt, fühle ich mich verarscht.“

Der Konkurrenzdruck im österreichischen Handel wird jedenfalls nicht geringer werden. Mit dem Aufschwung des Onlinehandels kommt auch verstärkt Konkurrenz aus dem Ausland ins Land. Schon jetzt läuft jede zweite Onlinebestellung über ausländische Anbieter. Glaubt man Experten, kommt die Packerlflut erst so richtig in Fahrt. Der Unito-Vorstand rechnet damit, dass im Jahr 2022 jeder Haushalt durchschnittlich hundert Pakete im Jahr bestellen wird.

Wie viel die Konsumenten für die georderten Artikel bezahlen, steht auf einem anderen Blatt. Fixe Preise waren gestern, im Distanzhandel dominiert die dynamische Preisauszeichnung. Steigt die Nachfrage, steigt auch der Preis und umgekehrt. Vor allem bei Elektronikartikeln ändern sich die Preise ständig, gesteht auch Gutschi. Grund dafür sind die vielen Preisvergleichsportale, die diverse Angebote auf einen Blick vergleichbar machen und so Händler unter Druck setzen. Jeder will unter den Top-Anbietern aufscheinen und dreht an der Preisschraube.

Gemütlich geht es dagegen im Möbelsortiment zu. Schlicht, weil der Konsument ohnehin keine Chance hat, die Preise zu vergleichen, weil jeder Händler sein eigenes Sortiment und seine eigenen Marken hat.

Wer eigentlich gar nichts mehr kaufen will, sondern lieber ausleiht, muss bei Unito noch bis zum zweiten Halbjahr 2018 waren. Dann soll das schon lange angekündigte Verleihgeschäft testweise an den Start gehen.