Wirtschaft

AvW-Wirtschaftsprüfer muss Anleger entschädigen

Für einen Gutteil der rund 12.500 geschädigten Anleger des insolventen Kärntner Finanzkarussells AvW gibt es einen Lichtblick. In einem groß angelegten Musterprozess gegen den ehemaligen AvW-Abschlussprüfer Emse Consulting hat der Wiener Neustädter Richter Martin Kargl am Donnerstag ein 286 Seiten starkes Urteil vorgelegt – zugunsten der AvW-Opfer.

Laut dem Urteil hat der Wirtschaftsprüfer „über neun Jahre bei der Prüfung der AvW-Bilanzen in der Mehrzahl gegen die Sorgfaltsmaßstäbe eines Abschlussprüfers verstoßen“ und somit „grob fahrlässig“ gehandelt. So soll er nicht einmal bemerkt haben, dass es bei AvW überhaupt kein internes Kontrollsystem bzw. keine Kontrolle gab, wie es das Wertpapieraufsichtsgesetz verlangt. Auch wurde die (falsche) Bilanzierung des Genussscheinkapitals nicht überprüft. Und: Provisionen wurden in den Bilanzen als bereits verdient angesetzt, obwohl das (noch) gar nicht zutraf. „Wir werden mit größter Wahrscheinlichkeit gegen das Urteil berufen“, sagt Gustav Etzl, Anwalt des Wirtschaftsprüfers Emse Consulting um Josef Ehrenböck, zum KURIER. Dazu muss er aber das Okay der Vermögensschadenversicherung der Emse einholen, die für die Fehler finanziell geradestehen muss.

Fünf Jahre ab Kauf

„Alle Anleger, die innerhalb von fünf Jahren nach dem Kauf der AvW-Genussscheine den Abschlussprüfer geklagt haben, erhalten ihr Investment ersetzt“, sagt Anlegeranwalt Ulrich Walter zum KURIER. Denn: Die Anleger durften laut Urteil darauf vertrauen, dass die Bestätigungsvermerke der AvW-Bilanzen richtig sind. Sie müssen jedoch nachweisen, wie sie ihr Geld alternativ sicher angelegt hätten.

Walter geht von einer hohen Versicherungsdeckung aus: „Ich rechne, dass rund 20 Millionen Euro im Topf sind.“ Dem widerspricht der Emse-Anwalt. Etzl meint, dass nur acht Millionen Euro zur Verfügung stünden, weil aufgrund der Verjährungsfrist (fünf Jahre) nur die Versicherungsjahre 2006 bis 2008 infrage kämen. Zur Erinnerung: Im Oktober 2008 ist das AvW-Konstrukt um Wolfgang Auer-Welsbach zusammengebrochen. Schaden: 350 Millionen Euro. Die Klagen gegen den Wirtschaftsprüfer wurden großteils erst 2011 eingebracht. Indes moniert Richter Kargl, dass bei sorgfältiger Prüfung der Bilanzen viele Anleger vor einem Kauf der letztlich wertlosen AvW-Papiere bewahrt hätten werden können. So sieht das auch Anlegeranwalt Michael Poduschka: „Wenn die Bestätigungsvermerke damals richtigerweise eingeschränkt worden wären, wäre AvW schon 2001 zusammengebrochen.“