Wirtschaft

Antibiotika aus Kundl statt China: Neue Penicillin-Anlage eröffnet

Der Schweizer Pharmakonzern Sandoz nahm heute, Freitag, die neue Penicillin-Produktion am Standort Kundl in Tirol in Betrieb. Die um 150 Millionen Euro errichtete neue Anlage wurde mit 50 Millionen vom Steuerzahler (45 Millionen Bund, 5 Millionen Land) subventioniert. Erst im Sommer gab die EU-Kommission ihr Okay für die staatliche Beihilfe. Zuvor drohte der Pharmakonzern mit Abwanderung aus Tirol, da die alte Anlage nicht mehr profitabel war.

Mit dem Investment wurde nun der fehlende Puzzle-Teil für eine vollintegrierte Penicillin-Herstellung - die Wirkstoff-Produktion - aus Spanien nach Tirol verlagert und zwei hochmoderne Produktionslinien errichtet. Die Vollinbetriebnahme ist  für Anfang 2024 geplant, 60 zusätzliche Jobs sollen entstehen. 

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Alles aus einer Hand

Kundl bleibt damit der einzige vollintegrierte Penicillin-Produktionsstandort in Europa, wo vom Wirkstoff bis zur Tablette alles an einem Standort hergestellt wird. Penicilline sind die weltweit führende Kategorie von Antibiotika, Sandoz hält hier einen Weltmarkt-Anteil von 60 Prozent. 

"Mit der Erweiterung leiste Sandoz einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit mit Antibiotika in Europa", sagte Sandoz-Austria-Chef Peter Stenico. Zugleich richtete er einen Appell an die Regierung, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um auch Generika in Österreich profitabel produzieren zu können.  

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Kritische Infrastruktur

"Die Penicillin-Produktion in Tirol zählt zur kritischen Infrastruktur und ist somit von strategisch wichtiger Bedeutung", sagte Wirtschaftsminister Martin Kocher bei der Eröffnung.  Gleichzeitig zeige die Investition, dass Österreich als Standort weiter attraktiv sei. Kocher übte aber auch leise Kritik an der EU, dass die Genehmigung rder Subvention zwei Jahre gedauert habe. "Das muss viel schneller gehen". Er werde sich in Brüssel für raschere Verfahren einsetzen.

Mehr dazu: Novartis-Chef: Antibiotika-Produktion in Tirol nicht kostendeckend

Kein Billiglohnland

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle verwies in seiner Rede auf die 75-jährige Tradition des Standortes und bot dem Sandoz-Konzern an, gemeinsam die Energiewende anzupacken. Zugleich fügte er hinzu: "Wir werden aber nicht anbieten, dass Tirol ein Billiglohnland wird". 

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Wie Penicillin hergestellt wird

Für die Herstellung von Penicillin werden die Pilze, aus denen der Wirkstoff Amoxicillin gewonnen wird, in großen Fermentern mit einer Zuckerlösung gefüttert. "Der Pilz ist unser wichtigster Mitarbeiter, den hegen und pflegen wir und versorgen ihn mit Strom, der für ganz Innsbruck ausreichen würde", so umschrieb Hannes Wörner, Österreich-Chef von Sandoz, den Produktionsprozess.

Nach der Fermentation erfolgt die Synthese in zwei Feststoffreaktoren. Durch die Neuerrichtung der Anlage komme man im Gegensatz zu Spanien ohne chemische Lösungsmittel aus, erläutert Anlagenleiterin Stephanie Jedner. 

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Engpässe weiter möglich

Rund 200 Millionen Packungen Penicillin verlassen Kundl jährlich. Bis Ende 2024 sollten es 240 Millionen sein. Damit könnte man theoretisch zwar ganz Westeuropa versorgen, doch die Tabletten und Suspensionen werden in mehr als 100 Ländern exportiert und können nicht so einfach umgeleitet werden. 

Für den kommenden Winter kann Wörner daher noch keine Entwarnung geben. "Der Markt ist sehr nervös, es sollte aber besser werden als im Vorjahr".