Wirtschaft

PSA-Chef: Klimaziele treiben Autohersteller in die Pleite

Die Automobilmesse IAA in Frankfurt kennt heuer ein alles bestimmendes Thema: die Klimakrise und die strengen CO2-Vorgaben für die Autobranche. Katerstimmung dominiert, Horrorszenarien werden gemalt.

Die Klimaschutzmaßnahmen könnten für einige Firmen in den kommenden zehn Jahren das Aus bedeuten, warnte PSA-Chef Carlos Tavares am Dienstag. „Ich wäre überrascht, wenn wir angesichts des Ausmaßes der bevorstehenden Veränderung nicht ein paar Insolvenzen sehen würden“, sagte der Chef des französischen Autobauers auf der IAA.

Das Europäische Parlament hatte eine CO2-Reduktion beschlossen, die nicht für einzelne Fahrzeugmodelle gilt, sondern für den durchschnittlichen Ausstoß der gesamten Flotte eines Herstellers. Das soll der EU helfen, die Pariser Klimaziele zu erfüllen.

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Daimler nimmt Zulieferer in Pflicht

Der deutsche Autobauer Daimler schließt nicht aus, im Konzern die strengen EU-Vorgaben für die Fahrzeugflotte im Jahr 2021 zu verfehlen. Man habe zwar die richtigen Elektro-Fahrzeuge im Angebot, wisse aber nicht, was die Kunden tatsächlich wünschten, sagte Daimler-Chef Ola Källenius.

Die Pkw-Tochter Mercedes-Benz könne mit ihrem Angebot an rein elektrischen Modellen und Hybridwagen die Ziele zwar erreichen. Doch könne man den Kunden nicht vorschreiben, was sie kaufen. „Die Jahre 2020 und 2021 stellen eine erhebliche Herausforderung dar“, sagte Källenius. „Mit dieser Unsicherheit, was im Markt passiert, können wir nicht ausschließen, dass wir da nicht konform sind mit den Zielen.“

Die eigenen Fabriken will Daimler bis 2022 klimaneutral machen und auch die Zulieferer sollen dazu bewegt werden.  „Das wird zu einem Vergabekriterium“, so Källenius.

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Weitere Batteriewerke geplant

Daimler plant den weiteren Aufbau von Batteriewerken in China, den USA und in Deutschland. Samt der Kleinwagenmarke Smart liegt Daimler im Pkw-Verkauf bis Ende August mit 1,58 Millionen Fahrzeugen gegenüber dem Vorjahr ein Prozent im Minus. Man werde 2019 aber im Plus abschließen, erklärte Källenius.

Die massive Kritik von Umweltverbänden an der Autoindustrie wird nach Einschätzung von Källenius nicht zu noch härteren CO2-Vorschriften oder gar einem festen Ausstiegsdatum für Verbrennungsmotoren führen. Europa habe die schärfsten Klimaschutzziele für die Branche weltweit. „Wir gehen davon aus, dass das erstmal steht.“

Weit über EU-Zielvorgaben

Im nächsten Schritt der EU-Klimaschutzvorschriften für die Autoindustrie soll der CO2-Ausstoß im Schnitt auf 95 Gramm je Kilometer gesenkt werden.Gegenwärtig liegt dieser Schnitt bei 120,5 Gramm. Für jedes Gramm darüber werden 95 Euro Strafe je verkauftem Fahrzeug fällig. In der nächsten Stufe muss der Ausstoß bis 2030 um weitere 37 Prozent gesenkt werden.

W-Chef Herbert Diess ist überzeugt, dass der Konzern die schärferen Klimavorgaben erfüllen wird. „Wir werden unsere Flottenziele erreichen und damit keine Strafen zahlen“, sagte er zu Reuters-TV. VW präsentiert auf der IAA erstmals den rein batteriegetriebenen ID.3 einem großem Publikum.

Der Kompaktwagen, der an den früheren Bestseller VW Golf erinnert, macht den Auftakt für eine E-Offensive, mit der VW in den  nächsten Jahren zum Marktführer bei E-Autos aufsteigen will.

Staat soll helfen

VW-Chef Diess forderte auf der IAA staatliche Unterstützung, um die Akzeptanz beim Kunden für Elektroautos zu fördern.

Ins selbe Horn stieß der Vorstandschef des Zulieferers Continental, Elmar Degenhart. Er schlug vor, die Politik solle angesichts der schwachen Konjunktur und der hohen Investitionen die Steuer- und Abgabenlast für Unternehmen und Verbraucher senken.

Kündigungen bei Conti

Continental werde wegen der schwachen Autokonjunktur und nachlassenden Nachfrage nach Verbrenner-Technologie mittelfristig wohl nicht um betriebsbedingte Kündigungen herumkommen. Einen solchen Schritt könnte man „als letztes Mittel nicht ausschließen“, sagte Degenhart am Rande der IAA.

Eine genaue „Zielzahl“ zu möglicherweise betroffenen Werken oder Mitarbeitern könne man derzeit aber nicht nennen. Außerdem spiele die weitere konjunktureller Entwicklung eine wichtige Rolle. Priorität habe eine verantwortungsvolle Planung, so Degenhart: „Wir werden alle Hebel ziehen, um unsere Belegschaft zu schützen.“

Der Konzern aus Hannover strebt einen Teilbörsengang oder - als „Plan B“ (Degenhart) - eventuell auch eine komplette Auslagerung seiner Antriebssparte an. Sie soll dann Vitesco heißen. Die klassische Technologie für Verbrenner habe es immer schwerer, während Komponenten etwa für die E-Mobilität an Bedeutung gewönnen. Daher versuche man, mehr Kollegen in die Richtung weiter zu qualifizieren.

Klar sei jedoch: „Wenn Wettbewerbsprobleme existieren, werden wir mit Segmenten oder Standorten konsequenter umgehen als in den letzten Jahren, als wir es uns vielleicht leisten konnten, den einen oder anderen mit durchzufüttern“, so Degenhart.