Wirtschaft

Prognose: Aktienkurse sollten weiter steigen

In der Geldpolitik kommt es auf jede kleinste Formulierung an. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) gehe davon aus, dass die Zinsen für längere Zeit auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden, hieß es nach der Juni-Sitzung der EZB. Der bis dahin übliche Zusatz "oder auf einem niedrigeren Niveau" war plötzlich verschwunden. Für Veranlagungs-Experten war das ein erster Schritt der EZB in Richtung Ausstieg aus der ultralockeren Euro-Geldpolitik. Bei der nächsten EZB-Sitzung in eineinhalb Wochen "wird ein weiterer Fingerzeig erwartet", sagt Martin Lück vom US-Investmentfondsriesen BlackRock. Er leitet die Kapitalmarktstrategie in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Osteuropa und geht davon aus, dass die EZB "einen sanften Entzug vorbereitet".

Bei BlackRock sieht man diese Entwicklung durchaus positiv. "Wir schauen nicht mehr in den Deflationsabgrund, das ist eine wesentliche Veränderung", sagt Lück. Dass die Inflation im Euroraum noch immer sehr tief ist, findet der BlackRock-Manager keineswegs beunruhigend: "Es gibt viele Kräfte, die gegen eine höhere Inflation wirken, von der Demografie bis zur Digitalisierung."

Die langfristigen Zinsen (im Anleihenbereich) werden nur ganz langsam steigen, sagt Lück voraus. Der reale Ertrag, also die Rendite abzüglich der Inflation, werde auf Sicht von ein bis zwei Jahren nahe null bleiben. Die Konsequenz der BlackRock-Experten: Sie raten dazu, Aktien in der Veranlagung mehr Gewicht zu geben.

Korrektur möglich

Es stimme schon, dass viele gute Nachrichten in den Aktienpreisen bereits enthalten sind, gesteht Lück zu. Kommen einmal schlechte Nachrichten auf die Börsen zu, könne es durchaus einen Kursrücksetzer um fünf bis sieben Prozent geben; vor allem im umsatzschwachen Sommer. Das sollten Anleger aber als Kaufgelegenheit betrachten. Kurswunder wie im ersten Halbjahr, in dem der Wiener ATX um rund 20 Prozent gestiegen ist, dürfen Anleger allerdings nicht erwarten. Zum Jahresende sieht Lück die Kursniveaus um etwa fünf Prozent höher als aktuell.

Aktienkäufer sollten vor allem Europa, Japan und Schwellenländer im Fokus haben. Innerhalb Europas gesteht er vor allem den französischen Aktien zu, dass sie sich besser schlagen könnten als andere. Aktien aus Polen, Ungarn und Rumänien könnten als Beimischung dienen.

Welche Sektoren kann der BlackRock-Manager interessierten Anlegern ans Herz legen? "Zyklische", sagt Lück. Dazu zählt er etwa Chemie, Maschinenbau, aber auch Autohersteller. Außerdem rät er zu Titeln aus dem europäischen Finanzsektor, weil die aktuell viel zu billig gehandelt werden.