Wirtschaft

Politiker: Die geschickte Taktik von VIG-Konzernchef Geyer

Insider rechneten schon längst damit, es war nur noch eine Frage der Zeit. Der Aufsichtsrat der börsenotierten Vienna Insurance Group (VIG), Österreichs größtem Versicherungskonzern, bestellte wie berichtet am Dienstag den ehemaligen ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger mit 1. Jänner 2021 in den Konzernvorstand. Löger war seit Jahresbeginn 2020 für den Hauptaktionär der VIG, den Wiener Städtische Versicherungsverein (72 Prozent), als strategischer Berater tätig. Sein Vorstandsvertrag läuft zeitgleich mit den Mandaten der anderen sieben Vorstände bis Ende Juni 2023. Dann wird’s spannend, wer CEO wird.

Lögers Zwischenspiel in der Politik währte nur kurz. Nachdem Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner abgesagt hatte, folgte Löger dem Ruf von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und ging im Dezember 2017 als Finanzminister in die türkis-blaue Regierung. Nach dem Platzen der Koalition im Juni 2019 begann Löger als Berater.

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Im Casinos-Strafverfahren wird Löger zwar noch immer als einer der zahllosen Beschuldigten geführt. Doch die Suppe dürfte strafrechtlich zu dünn sein. Der Aufsichtsrat prüfte die Vorwürfe und fand, dass einer Vorstandsbestellung nichts entgegenstehe. Der Beschuldigtenstatus könne, meint man im Aufsichtsrat, nicht einem Berufsverbot gleichkommen.

Günter Geyer ist zweifellos ein guter Fang geglückt. Der ehemalige UNIQA-Vorstand Löger gilt als einer der Top-Manager in der Versicherungswirtschaft, der obendrein bestens vernetzt ist. Geyer kennt Löger gut, beide waren fünf Jahre lang in der VIG-Tochter Donau.

„Führungserfahrung“

Als Chef des Konzernaufsichtsrates und Vorstandsvorsitzender des Vereins ist Geyer der mächtige Mann in der VIG. Kein anderer Konzernboss hat so viele ehemalige Spitzenpolitiker eingesammelt. Quer durch die politischen Lager.

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Er holte Werner Faymann nach dessen Abgang als SPÖ-Chef und Bundeskanzler als Berater an Bord. Für den gemeinnützigen Wohnbau. Zur Erinnerung: Faymann war Wohnbaustadtrat in Wien.

Faymanns Vertrauter und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer wurde 2016 zum Vorstand der zur VIG gehörenden gemeinnützigen Sozialbau bestellt.

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Sonja Steßl, ehemalige SPÖ-Staatssekretärin im Finanzministerium, ist im Vorstand der Österreich-Tochter, der Wiener Städtischen.

Im Aufsichtsrat des Vereins sitzt seit der Regierungsbeteiligung der FPÖ Barbara Kolm, blau eingefärbte Chefin des Hayek-Instituts.

Kritik, er versorge Politiker, wies Geyer in einem KURIER-Interview als „nicht angebracht und herabwürdigend“ zurück. Politiker hätten hohe Medien- und Führungserfahrung, seien verhandlungssicher, stressresistent, gut vernetzt und brächten Kontakte ein, die für ein Unternehmen sinnvoll seien.

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