Millionenpleite eines namhaften Anlagenbauers
Mehr als 54 Jahre nach seiner Gründung muss das niederösterreichische Familienunternehmen Polytechnik Luft- und Feuerungstechnik GmbH den Weg zum Insolvenzgericht antreten. Der Betrieb um Mehrheitseigentümer Leo Schirnhofer, der laut Creditreform 109 Mitarbeiter beschäftigt, hat ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht Wiener Neustadt beantragt. Zuvor war eine außergerichtliche Sanierung gescheitert.
Das Unternehmen mit Sitz in Weissenbach an der Triesting ist weltweit führend bei der Planung und Errichtung von Biomasseverbrennungsanlagen zur -neutralen Energieerzeugung sowie bei Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen.
Seit 2017 stellt der Betrieb auch Biokohle-Produktionsanlagen her und zuletzt wurde die Produktpalette um einen neue Rosttechnologie zur emissionsarmen Energieerzeugung erweitert.
Bereits im Jahr 2018 ist Polytechnik als strategischer Partner bei der TEG.CO GmbH eingestiegen, die künftig Müllverbrennungsanlagen zur Strom- und Dampferzeugung errichtet. Ein Pilotprojekt ist derzeit in Großbritannien in Entwicklung.
Insolvenzursachen
Die Auftragsbücher sind voll (Auftragsstand: 62 Millionen Euro), aber die Covid-Pandemie hat der Unternehmensgruppe massiv zugesetzt. So sind Verzögerungen bei der Abarbeitung und Abrechnung der Aufträge eingetreten, auf den Beschaffungsmärkten waren 2021 signifikante Preissteigerungen und längere Lieferzeiten zu verzeichnen. Aufgrund von Fixverträgen mit den Abnehmern konnten die Preissteigerungen nicht oder nur teilweise an die Kunden weitergegeben werden. Außerdem kann es bei Transport und Logistik zu Preiserhöhungen und Lieferverzögerungen.
„Durch die Reise- und Quarantänebestimmungen waren die Vertriebstätigkeit, die Projektabwicklung und das Servicegeschäft stark eingeschränkt, was zu erheblichen Mehrkosten und einem massiven Umsatzausfall 2021 führte“, heißt es im Insolvenzantrag aus der Feder des renommierten Sanierungsanwalts Norbert Abel. Unterm Strich hat Polytechnik rund 69,6 Millionen Euro Schulden, davon entfallen 43,2 Millionen Euro auf Banken und andere Kreditgeber(Avale). 630 Gläubiger sind von der Insolvenz betroffen.
Die Betriebsliegenschaft, auf der in den Jahren 2019 bis 2021 in neue Produktions-, Büro- und Lagenflächen investiert wurde, ist mit einer Höchstbetragshypothek in Höhe von 9,93 Millionen Euro belastet.
Covid-Verlustersatz
Die Aktiva haben einen Liquidationswert in Höhe von 9,2 Millionen Euro. Der Betrieb soll aus Einnahmen aus den bestehenden Aufträgen, aus Rückflüssen aus Projektgesellschaften und einem Beitrag der Finanzgläubiger fortgeführt werden. Zugleich soll beim Bund ein Covid-19-Verlustersatz beantragt werden. Der Verlust 2021 soll rund 6,5 Millionen Euro betragen.
Den Gläubigern werden 20 Prozent Quote geboten. Die Sanierung dürfte am Ende wahrscheinlich auch den Personalstand betreffen.