Massiver Millionenschaden durch Scheinfirmen
Der Kampf gegen die organisierte Schwarzarbeit und den Sozialbetrug gleicht einer Sisyphos-Arbeit. „Die Finanzpolizei hat sich von der bloßen Kontrolltätigkeit im Arbeitsmarktbereich mehr in Richtung Bekämpfung der organisierten Wirtschaftskriminalität bewegt“, sagt Finanzpolizeichef Wilfried Lehner. „Wir haben im Vorjahr 152 Scheinunternehmen vom Markt genommen. Diese Scheinfirmen haben durch Ausstellung von Scheinrechnungen Schwarzarbeit ermöglicht.“ Fakt ist: Die Scheinfirmen stellen Scheinrechnungen aus, und an das Auftraggeber-Unternehmen fließt der Rechnungsbetrag abzüglich einer Provision in bar zurück.
Laut Lehner gab es einen solchen Großfall im Reinigungsbereich, „wo hunderte Dienstnehmer geringfügig beschäftigt wurden und denen die Differenz auf die tatsächlich geleisteten Stunden (40 bis 60) schwarz ausbezahlt wurde“. Die Beschäftigten haben „sieben bis acht Euro netto ausbezahlt erhalten und konnten durch den gleichzeitigen Bezug von Sozialtransfers wie Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe mehr als 3.000 Euro netto einnehmen“.
Dubiose Geldtransfers
Dubiose Geldtransfers werden regelmäßig von Banken der Geldwäschestelle und auch der Finanz gemeldet. „Wir wissen von der Geldwäschestelle des Bundeskriminalamts, dass wir Geldtransfers über Scheinunternehmen in Höhe von 800 Millionen bis einer Milliarde Euro im Jahr haben“, sagt Lehner. Da Täter und Beschäftigte von der Schwarzarbeit finanziell profitieren, seien diese Fälle „ermittlungstechnisch extrem schwierig, weil kaum jemand aus der Deckung tritt“. Oder anders gesagt: Es packt kaum jemand bei den Behörden aus. Letztlich sind diese Modelle „extrem marktverzerrend für alle legalen Unternehmen, weil sie mit diesen illegalen Niedriglöhnen konkurrieren müssen“. Es gibt aber auch außergewöhnliche Fälle. So ist die Finanzpolizei einem Mann auf die Schliche gekommen, der als Gründungshelfer für Scheinunternehmen fungierte.
„Er hat Wohnungen angemietet und an mehr als 50 Scheinunternehmen vermietet“, sagt Lehner. „Letztlich ist dieser nicht in den Unternehmen aufgeschienen und hat Arbeitslosengeld bezogen. Sozialbetrug und Sozialleistungsbetrug verschmelzen immer mehr miteinander.“ Neben dem Bau- und Baunebengewerbe, der Reinigungsbranche sowie den Arbeitskräfteüberlassern ist auch der Security- und Eventbereich ins Fadenkreuz der Finanzpolizei geraten.
Modus Operandi
„Bei fünf Unternehmen wurde 426 ASVG-Verstöße wie Schwarzarbeit festgestellt, bei einem Unternehmen allein waren es 157 Verstöße“, erklärt Lehner. „In dieser Lieferkette haben wir sechs Scheinfirmen entdeckt, die erforderlich waren, um die Schwarzlöhne auszahlen zu können.“ Sorgen machen der Finanzpolizei auch Personalleasingfirmen am Bau. „Es schaut dramatisch aus. Wir haben im großen Stil Arbeitskräfte überlassende Unternehmen, die ihre eigenen Mitarbeiter teilweise schwarz beschäftigen“, sagt Lehner. „Es sind Unternehmen, die bis zu 200 Mitarbeiter haben. Sie stellen diese Partien großen Baufirmen zur Verfügung.“